Nach dem Inferno: eine Perspektive für den Gazastreifen 

Israelische Bombenangriffe auf Gaza-Stadt.
Bombenangriffe auf Gaza-Stadt: Mit seiner harten Reaktion auf die Terrorattacke der Hamas hat Israel internationale Kritik hervorgerufen. (Foto: Abed Khaled/AP Photo/picture alliance)

Inmitten des aktuellen Krieges gibt es noch keinen konkreten Plan, wie die Zukunft Gazas aussehen könnte. Dabei müssten Vorbereitungen für den Tag danach jetzt getroffen werden. Muriel Asseburg und René Wildangel über mögliche Szenarien und was jetzt zu tun ist. 

Essay von Muriel Asseburg & René Wildangel

In Reaktion auf die Massenmorde der Hamas und weiterer militanter Organisationen aus dem Gazastreifen am 7. Oktober 2023 erklärte Israel den Kriegszustand. Die Regierung verhängte eine völlige Abriegelung des Gazastreifens und leitete massive Luftschläge ein. Deren Ziel sei es, so Premierminister Benjamin Netanjahu, Vergeltung zu üben und die Hamas im Gazastreifen zu zerschlagen.

Vor dem Auswärtigen Ausschuss der Knesset kündigte Verteidigungsminister Yoav Gallant am 20. Oktober an, dass die israelische Militäroperation gegen die Hamas noch Monate dauern könnte. Nach der militärischen Mission müsse ein "neues Sicherheitsregime im Gazastreifen etabliert werden" und "Israels Verantwortung für das alltägliche Leben enden“.

Doch wie das konkret aussehen soll, wer dann den Küstenstreifen regieren, wer für Sicherheit sorgen, wer Israels Ansprechpartner sein soll, erläuterte er bisher nicht.  

Die Frage nach der Zukunft duldet keinen Aufschub

Derzeit steht im Zentrum der internationalen Aufmerksamkeit das Bemühen, eine regionale Eskalation zu verhindern, die Geiseln durch Verhandlungen zu befreien und die katastrophale humanitäre Lage der Zivilbevölkerung im Gazastreifen zu lindern. 

Dennoch: Die Frage nach der Zukunft des Gazastreifens duldet keinen Aufschub. Denn mögliche Perspektiven für Gaza werden bereits jetzt durch Israels militärisches Vorgehen und die Politik der internationalen Gemeinschaft geprägt.   
 

Palästinensische Binnenflüchtlinge im Süden des Gazastreifens.
Palästinenser fliehen aus dem Norden des Gazastreifens in den südlichen Teil. (Foto: Abed Rahim Khatib/AA/picture alliance)

Vier denkbare Szenarien

Dabei lassen sich derzeit grundsätzlich vier unterschiedliche Szenarien vorstellen, wie sich die Lage im Gazastreifen entwickeln könnte. Diese Szenarien sind denkbare Entwicklungen, die sich nicht alle gegenseitig ausschließen; sie könnten sich durchaus überschneiden oder aufeinanderfolgen. 

Ein weiteres, fünftes Szenario erscheint, vor dem Hintergrund der Aussagen des israelischen Verteidigungsministers, mittlerweile  weniger realistisch: eine auf Dauer angelegte, komplette israelische Wiederbesetzung und -besiedlung des Gazastreifens, wie sie von einigen Politikerinnen und Politikern des rechtsreligiösen Lagers in Israel schon vor dem aktuellen Krieg gefordert wurde.  

Erstes Szenario: Verschärfte Blockade 

Das erste Szenario könnte eine zumindest teilweise Rückkehr zum Vorkriegs-Status quo bedeuten, allerdings mit einer noch deutlich stärker gesicherten Grenze zu Israel, einer vergrößerten Sperrzone innerhalb des Gazastreifens und einer Fortführung der kompletten Abriegelung, wie sie am 8. Oktober durch Israel verhängt wurde.

Zu diesem Szenario könnte das Eingeständnis führen, dass sich die Hamas trotz weit überlegener israelischer Feuerkraft militärisch nicht besiegen lässt. Denn sie ist bei einer Bodenoffensive im Vorteil. Sie verfügt über ein weit verzweigtes Tunnelsystem, Führungsstrukturen im Ausland, eine sehr hohe Zahl von militärischen und politischen Kadern und ist in Teilen der Gesellschaft des Gazastreifens tief verwurzelt.  

In diesem Szenario würde Israel mit einer geschwächten Hamas im Gazastreifen leben müssen, aber keine indirekten Absprachen mit der Gruppe treffen können, wie es in den letzten Jahren der Fall war. Es würde seine militärische und geheimdienstliche Kontrolle zu Land, Wasser und zur Luft weiter verstärken und die Grenzübergänge permanent schließen. 

Dort wären dann keine Importe und Exporte, kein Übergang für Arbeitskräfte nach Israel, keine medizinischen Überweisungen ins Westjordanland oder nach Israel mehr möglich. Israel würde auch seine Strom- und Trinkwasserlieferungen dauerhaft einstellen, so dass die Versorgung weitgehend über Ägypten sichergestellt werden müsste.  

Aus Mangel an Alternativen steigen Menschen in Gaza teilweise auf Eselskarren um.
Aufgrund der israelischen Blockade kommt nicht mehr genügend Treibstoff im Gazastreifen an. Daher müssen die Menschen teilweise auf Esels- und Pferdekarren umsteigen. (Foto: Hatem Ali/AP/picture alliance)

Schon vor dem Krieg kaum lebensfähig

Außenminister Eli Cohen hat angekündigt, das "Territorium des Gazastreifens werde nicht dasselbe bleiben". Die derzeitigen massiven Bombardierungen im nördlichen und östlichen Gazastreifen lassen vermuten, dass es dabei in erster Linie um eine deutliche Ausdehnung der Sperrzonen entlang des Grenzzauns zu Israel geht, so dass dieses Gebiet weitgehend unbewohnbar und dort keine Landwirtschaft mehr möglich sein wird.  

Bereits vor dem Kriegsausbruch konnten aufgrund der von Israel verhängten Sperrzone rund 35 Prozent von Gazas Agrarflächen nicht bewirtschaftet werden. Auch der ohnehin bereits stark eingeschränkte Zugang zu den Küstengewässern könnte gänzlich verhindert werden und somit den Fischfang zum Erliegen bringen – eine der wenigen, bereits stark reduzierten Einkommens- und Versorgungsquellen in Gaza.

Warnungen der UN

Die seit 2006 andauernde und nach der Machtübernahme der Hamas 2007 weiter verschärfte Abriegelung des Küstenstreifens sowie wiederholte kriegerische Auseinandersetzungen haben die Lebensgrundlagen schon vor dem aktuellen Konflikt zerstört – so wie 2012 ein UN-Bericht mit Blick auf das Jahr 2020 gewarnt hatte. 

Schon vor der aktuellen Eskalation waren dort 80 Prozent der Bevölkerung auf internationale Unterstützung angewiesen. Dazu trug nicht zuletzt die Prioritätensetzung der Hamas auf ihre militärischen Kapazitäten und die Aufrechterhaltung des "Widerstands“ bei. 

Ein Wiederaufbau und vor allem eine wirtschaftliche Erholung wären unter den Bedingungen einer Totalblockade ausgeschlossen. Die Menschen im Gazastreifen wären damit völlig von humanitärer Hilfe abhängig. Ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung bliebe permanent intern vertrieben. 

Die Verantwortung für die Versorgung der Bevölkerung würde Israel versuchen, auf Ägypten und die internationale Gemeinschaft abzuwälzen. Gaza wäre vom Westjordanland abgetrennt; eine Zweistaatenregelung würde definitiv unmöglich.  

Laut Angaben der Vereinten Nationen ist das Ausmaß an Hilfslieferungen noch "unzureichend".
Bei einer Totalblockade wären Wiederaufbau und wirtschaftliche Erholung ausgeschlossen. Die Menschen im Gazastreifen wären damit völlig von humanitärer Hilfe abhängig. (Foto: Ashraf Amra/Anadolu Agency/picture alliance)

Zweites Szenario: Eine neue Nakba

Ein noch düstereres Szenario beinhaltet die dauerhafte Vertreibung von Hunderttausenden aus dem Gazastreifen. Palästinenserinnen und Palästinenser befürchten eine neue Nakba (arabisch für Katastrophe). 

So wird die Flucht und Vertreibung der palästinensischen Zivilbevölkerung im Zusammenhang mit der israelischen Staatsgründung und dem israelisch-palästinensischen Krieg von 1948 genannt. Darauf scheint für viele bereits Israels Aufforderung vom 13. Oktober zur Evakuierung des nördlichen Gazastreifens hinzudeuten, die ohne Befristung und Rückkehrgarantie erfolgte. 

Schon sind in der Stadt Chan Junis im mittleren Gazastreifen neue Zeltlager entstanden, um die aus dem Norden Geflüchteten unterzubringen. Die Ängste werden durch entsprechende Forderungen seitens Vertreterinnen und Vertretern der israelischen Rechten genährt, die explizit die Nakba evozieren.

Der Likud-Abgeordnete Ariel Kallner etwa schreibt am 17. Oktober auf X, dem ehemaligen Twitter: "Jetzt gibt es ein Ziel: Nakba! Eine Nakba, die die Nakba von 1948 in den Schatten stellt“.

Evakuierung in den Sinai ?

Der stellvertretende Sprecher der Knesset Nissim Vaturi von der Likud-Partei etwa schreibt: "Nakba? Vertreibt sie alle. Wenn sie den Ägyptern so wichtig sind, können wir sie in Zellophanpapier mit grünem Band verpacken." 

Darüber hinaus wurde von der israelischen Webseite "Sicha Mekomit“ ("Ortsgespräch“) ein internes Papier des koordinierenden Ministeriums für die Geheimdienste geleakt. In den Handlungsempfehlungen wird als Option, die "positive und langfristige strategische Ergebnisse für Israel bringt“, die "Evakuierung der Zivilbevölkerung aus Gaza in den Sinai“ empfohlen. 

Arabische Staaten haben klargemacht, dass sie nicht bereit sind, erneut palästinensische Flüchtlinge aufzunehmen und einer Vertreibung Vorschub zu leisten. Allerdings könnte es zu einem Massenansturm auf den Grenzübergang Rafah zu Ägypten kommen, wenn sich die humanitäre Situation im Gazastreifen weiter zuspitzt.

Ägypten dürfte es dann schwerfallen, seine Grenze weiter abgeriegelt zu halten und Flüchtende mit Waffengewalt zurückzuhalten. 

Dann würden Flüchtlingslager im Sinai entstehen und sich schnell neue Fluchtrouten nach Europa etablieren. Der Gazastreifen wäre teilweise entvölkert und die Zukunft der verbliebenen Bevölkerung ungewiss.  

Drittes Szenario: Internationale Truppen und Verwaltung

Szenario drei würde den Einsatz einer robusten internationalen Truppe umfassen, um eine umfassende Entwaffnung und Sicherheit zu gewährleisten. Der Gazastreifen würde einer internationalen Übergangsverwaltung unterstellt. Als Grundlage bedürfte es dafür einer Resolution des UN-Sicherheitsrates nach Kapitel 7. 

Eine solche scheint aber in absehbarer Zeit angesichts der Blockade zwischen den Vetomächten USA auf der einen und Russland und China auf der anderen Seiten, ausgeschlossen. Auch hat die internationale Bereitschaft, robuste Peacekeeping-Missionen zu entsenden, in den letzten Jahren deutlich nachgelassen. 

Selbst wenn ein entsprechendes internationales Abkommen zustande käme: Israel würde aller Wahrscheinlichkeit nach dennoch auf eigene Sicherheitsmaßnahmen, Pufferzonen und eine undurchlässige Grenze (wie in Szenario 1) beharren. 

Die UN bzw. truppenstellende Staaten müssten darüber hinaus einen politischen Prozess der Konfliktbeilegung und mittelfristig die Übergabe der Kontrolle über den Gazastreifen an die Palästinensische Autonomiebehörde einfordern. Dem dürfte sich Israel allerdings, vor allem unter der derzeitigen Regierung, verweigern. Ein Wiederaufbau und eine wirtschaftliche Erholung blieben auch unter diesen Bedingungen erschwert.

Viertes Szenario: Verhandelte Öffnung

Schließlich bleibt das Szenario einer kontrollierten Öffnung des Gazastreifens im Rahmen eines regionalen Arrangements und als Vorstufe einer Verhandlungsregelung. Auch in diesem Fall müsste es regionale und internationale Sicherheitsgarantien geben.

Dabei würden neben den USA insbesondere Israels Nachbarn Ägypten und Jordanien, aber auch Katar sowie diejenigen Staaten, die im Rahmen der "Abraham-Abkommen" ihre Beziehungen zu Israel normalisiert haben, Verantwortung übernehmen müssen. 

Das würde letzteren auch die Möglichkeit geben, die in den eigenen Bevölkerungen umstrittenen Abkommen auf eine Weise zu untermauern, die eine tatsächliche Friedensdividende erzielt. 

Saudi-Arabien, das Ambitionen als regionale Führungsmacht hegt und mit dem Israel nach wie vor enger kooperieren möchte, könnte eine prominente Rolle einnehmen. Katar und Ägypten müssten auf verbliebene Kader und Strukturen der militanten Gruppen einwirken. Im Gegenzug zum Verzicht auf die Macht im Gazastreifen, könnte für verbliebene Führungspersonen ein Exil vereinbart werden.   

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Ohne politische Lösung keine Sicherheit

Völkerrechtlich gehören der Gazastreifen wie auch Ost-Jerusalem weiterhin zum Gebiet des "Staates Palästina", wie der Internationale Strafgerichtshof im Februar 2021 bekräftigt hat. Entsprechend müsste im Rahmen dieses Szenarios die Verwaltung auf die entsprechend befähigte Palästinensische Autonomiebehörde (PA) übergehen.

Allerdings hat Ministerpräsident Mohammed Stayye deutlich gemacht, dass seine Behörde nur im Rahmen einer übergreifenden Friedensregelung bereit wäre, Verantwortung zu übernehmen. 

Zudem  bräuchte die PA zunächst eine neue demokratische Legitimation durch die Bevölkerung im Gazastreifen und Westjordanland. Denn seit 2006 haben keine Wahlen auf nationaler Ebene mehr stattgefunden. Das heißt auch, dass rund die Hälfte der heute Wahlberechtigten noch nie die Chance zu einer Stimmabgabe hatte. 

Gleichzeitig könnten die in Gaza verbliebenen Ressourcen der PA beim Wiederaufbau genutzt werden. Denn rund 60.000 ehemalige Angestellte der PA sitzen seit 2007 zu Hause und könnten zumindest teilweise mit ihrer Verwaltungserfahrung einen Beitrag leisten. Jene zivilen Angestellten der aktuellen Verwaltung, die nicht an den militärischen Aktivitäten der Hamas beteiligt waren, sollten ebenfalls integriert werden. 

Das bisherige Sicherheitsregime beruhte allein auf militärischen Ansätzen. Drohnen, Aufklärungsballons, Wachtürme, Zäune und Mauern sowie wiederkehrende Militäroperationen, um die Bestände der militanten Gruppierungen zu dezimieren, konnten jedoch den verheerenden Angriff vom 7. Oktober nicht verhindern. 

Ein neues Sicherheitsregime muss daher auf einer politisch verhandelten Regelung aufbauen. Dabei würde es vor allem darum gehen, dass ein freier Personen- und Warenverkehr gewährleistet wird und damit auch ein Wiederaufbau und nachhaltige Entwicklung ermöglicht werden.  



 

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Was jetzt zu tun ist

Die israelische Regierung verfolgt das erklärte Ziel einer Zerstörung der Hamas, lässt aber die weiteren Ziel und Endpunkte ihrer militärischen Operation im Dunklen. Abgesehen von dem erwähnten geleakten Dokument, das lediglich beratenden Charakter hat, hat die israelische Regierung  noch keine konkreten Ideen für den Tag nach der militärischen Auseinandersetzung vorgelegt. 

Umso wichtiger ist es, dass sich die Bundesregierung und ihre Partner in der EU bereits jetzt zur möglichen Zukunftsszenarien für Gaza positionieren. Denn ihre aktuelle unbedingte Solidarität mit Israel könnte sonst von der rechtsreligiösen Regierung als Freibrief verstanden werden.  

Das wäre fatal, wenn es in Richtung der ersten beiden Szenarien ginge. Denn diese sind grob völkerrechtswidrig und bieten weder Entwicklungsperspektiven für die Bevölkerung des Gazastreifens, noch versprechen sie Sicherheit für Israel. 

Neuer Nährboden für militante Bewegungen?

Es würde zweifelsohne auch zu einem massiven Zulauf zu (bestehenden und neuen) militanten Gruppierungen kommen. Auch bliebe das Risiko einer weitergehenden regionalen Destabilisierung, vor allem Ägyptens, sowie einer regionalen Eskalation extrem hoch. 

Verbleiben das dritte und das vierte Szenario, die beide neue Perspektiven für den Gazastreifen und seine überwiegend junge Bevölkerung bieten könnten. 

Kernbestandteil dieser Szenarien wäre ein neues Sicherheitsregime, das sich sowohl am langfristigen und effektiven Schutz der israelischen Bevölkerung vor Angriffen als auch an der Verwirklichung der Rechte und Entwicklungsmöglichkeiten der Zivilbevölkerung in Gaza orientiert.

Das kann nur im Rahmen eines verhandelten Arrangements und eines regional und international abgestimmten und unterstützten Übergangsregimes gewährleistet werden.  

Um Sicherheit zu gewährleisten, kann auch auf Vorschläge und Mechanismen der Vergangenheit aufgebaut werden, etwa die EU-Grenzmission EUBAM Rafah. Sie wurde 2005 geschaffen, um den Waren- und Personenverkehr in Rafah zu überwachen.

Langfristig tragfähiges Arrangement gesucht

Obwohl seit 2006 ausgesetzt, ist die mit über zwei Millionen Euro jährlich ausgestattete Mission noch immer im "Stand-By" und könnte erneut eine Rolle spielen. Ägypten müsste darüber hinaus effektiv den Schmuggel von Rüstungsgütern durch die verbliebenen Tunnel unter der Grenze unterbinden. 

Und anstelle der bisher von der israelischen Marine immer wieder auch mit Beschuss auf Fischerboote durchgesetzten Seeblockade könnte eine internationale Kontrolle treten, wie sie bereits die UNIFIL-Maritime Task Force nur 200 Kilometer weiter nördlich durchführt. 

Diese unterbindet effektiv – zumindest in ihrem Operationsgebiet – die Lieferung von Rüstungsgütern über den Seeweg. Die Beteiligung der Bundeswehr an der Mission wurde zuletzt im Juni 2023 vom Bundestag verlängert. 

Eine ähnliche Mission vor der Küste Gazas könnte Fischerei und einen geordneten Seehandel ermöglichen und damit wichtige Entwicklungschancen bieten. Nicht zuletzt könnte Gaza dann vom Zugang zu eigenen Ressourcen, insbesondere den Gasvorkommen vor der Küste, profitieren. 

Der Schock über die Gräueltaten des 7. Oktober und die Konfliktdynamiken, die derzeit eine regionale militärische Eskalation befürchten lassen, sollten der internationalen Gemeinschaft als Weckruf dienen. Es muss jetzt darum gehen, Kräfte zu bündeln, um ein langfristig tragfähiges Arrangement für Gaza zu finden. 

Wenn es gelingt, nach dem Inferno einen Übergangsprozess für Gaza in Gang zu setzen, wäre das auch ein wichtiger Baustein, um eine bitterlich notwendige Perspektive für eine Regelung des israelisch-palästinensischen Konfliktes und eine friedliche jüdisch-arabische Koexistenz auf dem gesamten Territorium von Israel und Palästina zu schaffen. 

Muriel Asseburg und René Wildangel

© Qantara.de 2023

Hinweis: Eine frühere Version dieses Textes erschien bei ZEIT Online am 31.10. 2023