Humanitäre Lage im Gazastreifen spitzt sich zu

Palästinenser retten nach einem israelischen Luftangriff ein junges Mädchen aus den Trümmern eines Hauses im Gazastreifen.
Palästinenser retten nach einem israelischen Luftangriff ein junges Mädchen aus den Trümmern eines Hauses im Gazastreifen. (Foto: Fatima Shbair/AP/picture alliance)

Gaza-Stadt/Jerusalem. Die humanitäre Lage im Gazastreifen spitzt sich zu. Die beiden größten Krankenhäuser in dem von der radikal-islamischen Hamas kontrollierten Küstengebiet mussten nach palästinensischen Angaben den Betrieb herunterfahren. Nach UN-Angaben sind inzwischen die Hälfte der Krankenhäuser in Gaza geschlossen.

Mitarbeiter warnten am Sonntag, dass wegen israelischer Bombardements sowie Mangel an Treibstoff und Medikamenten insbesondere Babys gefährdet seien. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) konnte nach Angaben ihres Generaldirektors Tedros Adhanom Ghebreyesus zwar Kontakt zu Mitarbeitern der größten Klink im Gazastreifen, dem Al-Schifa-Krankenhaus in Gaza-Stadt, wieder herstellen. Die Lage sei aber verheerend und gefährlich.

Der ständige Beschuss und die Bombardierungen in der Region hätten die ohnehin schon kritischen Umstände noch verschlimmert. Die Zahl der Todesfälle unter den Patienten sei erheblich gestiegen. Die Klinik funktioniere als Krankenhaus nicht mehr. Israel wirft der Hamas vor, Kommandozentralen unter und in der Nähe von Krankenhäusern eingerichtet zu haben. Die Hamas bestreitet dies. Auch wies sie Vorwürfe Israels zurück, sie habe 300 Liter Treibstoff abgelehnt, die für das Al-Schifa-Krankenhaus bestimmt gewesen sein sollen. 

Gleichzeitig kritisieren die Islamisten, dass die Menge nicht einmal ausreiche, die Generatoren des Krankenhauses länger als dreißig Minuten zu betreiben. Das Angebot verharmlose den Schmerz und das Leid der Patienten, die in der Klink festsäßen ohne Wasser, Nahrung und Strom. Das israelische Militär hatte erklärt, es habe Samstagnacht 300 Liter Treibstoff vor dem Eingang des Krankenhauses deponiert und angeboten, neugeborene Babys zu evakuieren. Beide Gesten seien aber von der Hamas blockiert worden.

Der Palästinensische Rote Halbmond teilte mit, auch das Al-Kuds-Krankenhaus sei außer Betrieb. Das Personal habe zudem Probleme, die bereits dort befindlichen Menschen zu versorgen, da kaum Medikamente, Nahrung und Wasser zur Verfügung ständen. Drei große UN-Organisationen äußerten sich entsetzt über die Situation in den Krankenhäusern. "Die Welt darf nicht stillschweigend zusehen, wie sich Krankenhäuser, die eigentlich sichere Zufluchtsorte sein sollten, in Schauplätze des Todes, der Verwüstung und der Verzweiflung verwandeln", erklärte WHO-Chef Ghebreyesus. Er schloss sich Forderungen nach einer sofortigen Feuerpause an.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell erklärte, die Feindseligkeiten hätten schwerwiegende Auswirkungen auf die Krankenhäuser und forderten einen schrecklichen Tribut von der Zivilbevölkerung und dem medizinischen Personal. "Die Krankenhäuser müssen (...) sofort mit den dringendsten medizinischen Gütern versorgt werden, und Patienten, die dringend medizinische Versorgung benötigen, müssen sicher evakuiert werden", forderte Borrell im Namen der 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union. "In diesem Zusammenhang fordern wir Israel auf, größtmögliche Zurückhaltung zu üben, um den Schutz der Zivilbevölkerung zu gewährleisten." Gleichzeitig verurteile die EU "den Einsatz von Krankenhäusern und Zivilisten als menschliche Schutzschilde durch die Hamas". (Reuters)