Machtkampf im Sudan - Armee beschießt Stellungen der Paramilitärs

* Augenzeugen: Armee scheint die Oberhand zu gewinnen



* Zahlreiche Kämpfer getötet, fast 600 Verletzte



* USA, China, Russland, EU und andere fordern Ende der Kämpfe



Von Khalid Abdelaziz und Nafisa Eltahir (Reuters)



Khartum. Im Sudan scheint die Armee bei den heftigen Kämpfen mit paramilitärischen Kräften die Oberhand zu gewinnen. Die Armee habe Luftangriffe auf Kasernen und Stützpunkte der "Rapid Support Forces" (RSF) geflogen, sagte Zeugen und Anwohner am Sonntag. Es sei ihr gelungen, die meisten dieser Einrichtungen zu zerstören. Die Armee habe auch die Kontrolle über einen Großteil des Präsidentenpalastes in der Hauptstadt Khartum zurückerobert. Bei dem Machtkampf in dem nordostafrikanischen Land wurden nach Angaben von Ärzten bislang mindestens 59 Zivilisten sowie zahlreiche Kämpfer getötet. Zudem gebe es etwa 600 Verletzte.



Ausgelöst wurde der am Samstag ausgebrochene Konflikt laut Beobachtern durch einen Streit über die Integration der RSF in das Militär als Teil des Übergangs zu einer zivilen Regierung. In dem von schweren Wirtschaftsproblemen gebeutelten Sudan hatten Massenproteste 2019 zum Sturz des jahrzehntelangen Herrschers Omar al-Baschir geführt. Daran waren die Armee und die RSF beteiligt. Militär und zivile Gruppen einigten sich damals auf eine Übergangsregierung. Im Oktober 2021 kam es aber zu einem Putsch, bei dem das Militär die Macht vollständig übernahm. Seitdem wurde bei Protesten immer wieder der Rückzug des Militärs aus der Politik gefordert. RSF-Chef Mohamed Hamdan Dagalo, genannt Hemedti, hatte sich zuletzt an die Spitze einer Bewegung gestellt, die das Land nach eigenen Angaben in die Demokratie führen will.



Die RSF hatten nach Ausbruch der Kämpfe am Samstag erklärt, sie hätten die Kontrolle über den Präsidentenpalast, die Residenz von General Abdel Fattah al-Burhan und den Flughafen von Khartum übernommen. In Khartum waren am Sonntag Schüsse und Explosionen zu hören. Geschützwagen und gepanzerte Fahrzeuge fuhren durch die Stadt. Banken und Behörden blieben geschlossen. Zeugen berichteten von Artilleriegefechten auch in den Städten Omdurman und Bahri nahe Khartum. Schüsse fielen demnach auch in der Hafenstadt Bur Sudan am Roten Meer, aus der zuvor keine Kämpfe gemeldet worden waren.



Am Sonntagabend sagten Augenzeugen, Mitglieder der RSF seien weiter im Flughafengebäude, das von der Armee belagert werde. Diese halte sich aber mit Angriffen zurück, um größere Schäden zu vermeiden. Zeugen und Anwohner sagten, ein großes Problem seien tausende schwer bewaffneter RSF-Kämpfer, die in Vierteln von Khartum und anderen Städten stationiert seien und von offizieller Seite nicht kontrolliert werden könnten. Das staatliche Fernsehen stellte seine Sendungen mit der Begründung ein, die Ausstrahlung von RSF-Propaganda zu verhindern.



Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) erklärte, es habe seine Arbeit in den vom Hunger geplagten Gebieten des Sudan zunächst beendet, nachdem drei sudanesischeMitarbeiter bei Kämpfen getötet und ein WFP-Flugzeug auf dem Flughafen von Khartum getroffen worden sei.



Die USA, China, Russland, Ägypten, Saudi-Arabien, die Vereinten Nationen und die Europäische Union forderten eine Ende der Kämpfe. Der saudische Außenminister Faisal bin Farhan bin Al-Saud führte nach Angaben staatlicher Medien Telefongespräche mit Burhan und Hemedti. Der Sudan forderte, man solle dem Land eine interne Lösung ohne ausländische Einmischung erlauben. (Reuters)