Deutsche Muslime sehen Demokratie positiver als Gesamtbevölkerung

twa die Hälfte der in Deutschland lebenden Muslime sind auch deutsche Staatsbürger. Eine Allensbach-Umfrage zu ihren politischen Einstellungen widerlegt weit verbreitete Klischees.

Durch die Einwanderung in den vergangenen Jahrzehnten hat die ethnische und religiöse Vielfalt in der deutschen Gesellschaft deutlich zugenommen. Rund jeder vierte Einwohner Deutschlands hat heute einen Migrationshintergrund, ist also entweder selbst nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren worden oder hat mindestens ein Elternteil, das als Nichtdeutscher geboren wurde.

Viele dieser Bürger ausländischer Herkunft sind muslimischen Glaubens. Da gleichzeitig die Bedeutung der christlichen Kirchen seit Jahrzehnten kontinuierlich zurückgeht, drängt sich die Frage auf, wie sich diese Verschiebung der konfessionellen Struktur der Bevölkerung im Verhältnis der Bürger zum Staat niederschlägt und gegebenenfalls künftig auch Wahlen beeinflussen könnte.

Allerdings wird die Zahl muslimischer Bürger in Deutschland oft überschätzt: Nach der Studie „Muslimisches Leben in Deutschland 2020“, die das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Auftrag der Deutschen Islamkonferenz herausgegeben hat, leben derzeit etwa 5,5 Millionen Menschen muslimischen Glaubens in Deutschland. Das entspricht 6,6 Prozent der Gesamtbevölkerung. 47 Prozent dieser Muslime, 2,6 Millionen, besitzen die deutsche Staatsbürgerschaft und machen damit 3,5 Prozent der 72 Millionen deutschen Staatsangehörigen aus – zu wenig, um das gesamtgesellschaftliche Klima oder gar Wahlergebnisse maßgeblich zu beeinflussen.

Dennoch ist es interessant, diese Bevölkerungsgruppe etwas genauer zu betrachten, denn man kann annehmen, dass ihre Einstellungen und Verhaltensweisen die Richtung andeuten, in die sich die Gesellschaft bei anhaltender Einwanderung in Zukunft entwickeln könnte. Deswegen hat das Institut für Demoskopie Allensbach bei seiner aktuellen Umfrage für die F.A.Z. nicht nur einen repräsentativen Querschnitt der gesamten Bevölkerung befragt, sondern zusätzlich 222 Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit und muslimischen Glaubens. Ihre Antworten ermöglichen einen aufschlussreichen Einblick in die Denkwelt dieser Bevölkerungsgruppe, ihre politische Partizipation und ihre Einstellungen zur Demokratie. Sie widerlegen dabei so manches gängige Klischee.

Muslime in Deutschland sehen Demokratie positiv (faz.net)