Gegen politische Instrumentalisierung

Ahmad Mustofa Bisri, bekannt unter dem Namen "Gus Mus", gehört zu den einflussreichsten islamischen Intellektuellen in Indonesien. Als Vertreter eines liberalen Islams hat er zahlreiche theologische Werke verfasst und will nun mit einer TV-Serie ein positiv akzentuiertes Bild des Islams vermitteln. Ulrike Hummel berichtet.

​​ "Mit dieser TV-Serie möchten wir über einen Islam aufklären, der den Frieden zum Inhalt hat und eben nicht gewaltsame Auseinandersetzungen", erklärt Ahmad Mustofa Bisri, der moderate islamische Gelehrte aus Indonesien. "Uns geht es darum, das zu zeigen, was den Islam wirklich ausmacht."

In der achtteiligen TV-Serie kommen namhafte Intellektuelle aus Indonesien und der ganzen Welt zu Wort. Unter anderem geht es um die korrekte Definition des Begriffes Dschihad, die Behandlung von "Ungläubigen" im Islam oder um das Verhältnis von Staat und Religion, worüber der weltweit anerkannte Schweizer Theologe Hans Küng räsoniert.

Stärkung des "liberalen" Islam

Das gemeinsame TV-Projekt von Ahmad Mustofa Bisri und der "LibForAll Foundation" (Liberty for All) soll den liberalen Islam stärken und wendet sich gegen die politische Instrumentalisierung von Islamophobie, den "Clash of Cultures" sowie gegen terroristische Akte.

Rauf Ceylan; Foto: dpa
Absolut sehenswert: Professor Rauf Ceylan plädiert für die Aufnahme des Films in den Lehrplan der Imamausbildung: "Für uns wird es auf jeden Fall wichtig sein, diesen Film in den Seminaren zu zeigen und mit den Studenten darüber zu debattieren."

​​ Rauf Ceylan, Professor für Religionswissenschaft an der Universität Osnabrück, hat eine erstmals in Deutschland gezeigte Episode aus "Ozean der Offenbarung" begutachtet.

"Es war sehr imponierend, die Vielfalt zu sehen, wie facettenreich der Islam in Bildern dargestellt wird, vor allem die Stimmen aus Indonesien", erklärt Ceylan. "Schließlich ist Indonesien ein Land, in dem etwa 280 Millionen Menschen leben und mehr als 85 Prozent Muslime sind."

Vor allem die Spiritualität, die immer wieder akzentuiert worden ist, ebenso wie die mystische Komponente des Islam habe ihm sehr imponiert, so der Islamwissenschaftler. "Und es ist traurig, dass eben dieser Islam, diese Strömung, die ja über 90 Prozent der Muslime repräsentiert, in den öffentlichen Debatten überhaupt nicht wahrgenommen wird."

Die Macher der Serie beabsichtigen, die achtteilige TV-Serie an Universitäten zu zeigen – etwa bei der Weiter- und Ausbildung von Imamen und Religionspädagogen – gegebenenfalls aber auch in Schulen.

​​ "Wir an der Universität Osnabrück bilden sowohl angehende Religionslehrer und -lehrerinnen aus, als auch künftig Imame; das heißt, religiöse Autoritäten, die in der muslimischen Community eine wichtige Funktion haben", erklärt Ceylan. "Für uns wird es auf jeden Fall wichtig sein, diesen Film in den Seminaren zu zeigen, mit den Studenten darüber zu debattieren, aber auch die Lehrerinnen und Lehrer anzuregen, diese TV-Episoden in den Schulen zu zeigen."

Sogar öffentlich-rechtliche Fernsehsender interessieren sich für die Fernsehserie, die auch von der Deutschen Welle ausgestrahlt werden soll. Somit könnte das Aufklärungsprojekt über den Islam einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Einschätzungen von weltweit anerkannten Experten

Für Ahmad Mustofa Bisri und Holland Taylor, Präsident der LibForAll-Foundation, war Deutschland die letzte Station einer Europareise. Episoden der TV-Serie wurden in den skandinavischen Ländern, den Niederlanden und Belgien vorgeführt. In Dänemark gab es sogar ein Treffen mit dem umstrittenen Mohammed-Karrikaturisten Kurt Westergaard. Über die allgemeine Resonanz der Filmvorführung freut sich Bisri, der stellvertretende Vorsitzende des weltgrößten Islamverbandes "Nadhlatul Ulama".

Ahmad Mustofa Bisri; Foto: Libforall
Propaganda für den friedliebenden Islam: "Uns geht es darum, das zu zeigen, was den Islam wirklich ausmacht", sagt Ahmad Mustofa Bisri.

​​ "Die Reaktion in anderen Ländern war ähnlich wie hier in Deutschland: man empfindet sehr viel Respekt für den Glauben", erklärt Bisri. "Positiv aufgenommen wurde auch, dass der Film weltweit anerkannte Experten zu Wort kommen lässt."

Möglich gemacht wurde die Filmvorführung durch die "Friedrich Naumann Stiftung für die Freiheit" in Zusammenarbeit mit der Universität Osnabrück, wo die Gäste aus Indonesien und den USA empfangen wurden. Im Oktober hat die Universität Osnabrück zudem die bundesweit erste universitäre Weiterbildung für Imame in deutscher Sprache gestartet – somit könnte der Film "Ozean der Offenbarung" schon bald die ersten in Deutschland tätigen Imame erreichen.

Ulrike Hummel

© Qantara.de 2010

Redaktion: Lewis Gropp/Qantara.de

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www
Website der "LibForAll Foundation " (auf Englisch)