Prozess in Österreich wegen Asyl für mutmaßlichen syrischen Kriegsverbrecher

Wien  - In Österreich müssen sich seit Freitag fünf frühere Spitzenbeamte im Zusammenhang mit der "widerrechtlichen" Asylvergabe an einen mutmaßlichen syrischen Kriegsverbrecher vor Gericht verantworten. Ihnen wird vorgeworfen, dem Ex-General der syrischen Staatssicherheit auf Betreiben eines "ausländische Partnerdienstes" in Österreich Asyl ermöglicht zu haben, wie aus der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft hervorgeht. Die Beamten hätten somit wissentlich ihr Amt missbraucht.

Im Falle einer Verurteilung drohen den Angeklagten, die alle Vorwürfe zurückweisen, bis zu fünf Jahre Haft. Laut der Staatsanwaltschaft in Wien haben die vier Ex-Mitarbeiter des Verfassungsschutzes sowie ein damaliger Mitarbeiter des Bundesamtes für Fremdenrecht und Asyl laut der AFP vorliegenden Anklageschrift dem syrischen Ex-General Chaled al-Halabi "widerrechtlich" Asyl angeboten. Sie agierten demnach im Rahmen einer Vereinbarung, die sie im Mai 2015 mit einem "ausländischen Partnerdienst" getroffen hatten. Österreichischen Medienberichten zufolge handelte es sich dabei um den israelischen Auslandsgeheimdienst Mossad.

Chaled al-Halabi war von 2009 bis 2013 Chef der Staatssicherheit in Rakka und soll für Folter und andere Verbrechen an der Zivilbevölkerung mitverantwortlich sein. Die Ermittlungen gegen ihn sind nach Angaben der Staatsanwaltschaft noch nicht abgeschlossen. Rakka ist die frühere De-facto-Hauptstadt des von der Dschihadisten-Miliz Islamischer Staat (IS) kontrollierten Gebiets in Syrien. Nach der Ankunft der Islamisten im Jahr 2013 floh al-Halabi nach Frankreich, wo er jedoch kein Asyl erhielt - woraufhin die österreichischen Geheimdienstler ihn mit Hilfe des "ausländischen Geheimdienstes" nach Österreich schleusten.

Im Jahr 2016 machte die Menschenrechtsorganisation Internationale Kommission für Gerechtigkeit und Verantwortlichkeit (ICJA) die Behörden auf die mutmaßliche Beteiligung von al-Halabi an Kriegsverbrechen in Syrien aufmerksam. Die Aktivisten hatten herausgefunden, dass der Ex-Militär sich offenbar in Wien unter falscher Identität aufhielt. Die ICJA setzt sich für Strafverfolgung von Kriegsverbrechern in Syrien ein.



Die juristische Aufarbeitung von Mord und Folter im Auftrag des syrischen Machthabers Baschar al-Assad beschäftigt Gerichte in mehreren europäischen Ländern. Auch in Deutschland sowie in Frankreich, Schweden, Norwegen und Spanien wurden in den vergangenen Jahren mutmaßliche Verbrechen in Syrien angezeigt. In Österreich verurteilte ein Gericht zuletzt im Jahr 2017 einen mutmaßlichen syrischen Kriegsverbrecher. (AFP)

 

Lesen Sie auch:

Assads Rehabilitation: Normalisierung auf Kosten der Syrer 

Syrer und der Ukraine-Krieg: "Wir teilen ähnliches Leid" 

Strafanzeige gegen Baschar al-Assad: Das Ende der Straffreiheit in Syrien?

Journalistin und Autorin Garance Le Caisne: Assads System der Folter 

Assads Verbrechen vor deutschen Gerichten? Hoffen auf Gerechtigkeit 

Assads Rehabilitation: Normalisierung auf Kosten der Syrer