Amnesty kritisiert Spanien und Marokko wegen Tods von Migranten

Madrid. Amnesty International hat Spanien und Marokko vorgeworfen, gemeinsam für den Tod von mindestens 37 Migranten im Juni am Grenzzaun der spanischen Nordafrika-Exklave Melilla verantwortlich zu sein. Am 24. Juni hatten mehrere hundert Migranten vor allem aus dem Sudan versucht, den Grenzzaun zwischen Marokko und Melilla zu überwinden, um so in die EU zu gelangen. Dabei starben nach offiziellen Angaben mindestens 23 Menschen, Hunderte wurden verletzt und 77 Menschen gelten seither nach Angaben von Menschenrechtsgruppen in Marokko als vermisst. Marokkanische Sicherheitskräfte gingen brutal gegen die jungen Männer vor, wie auf

Videoaufnahmen zu sehen ist. Spanien und Marokko haben jede Verantwortung für den Tod der Menschen zurückgewiesen.



Amnesty sieht das jedoch anders. «Wir sprechen hier von massiven Tötungen, dem Verschwindenlassen von Menschen, Folter, push backs (gewaltsamen Zurückführungen) und Rassismus», sagte die Amnesty-Generalsekretärin, Agnès Callamard, am Dienstag bei einer

Pressekonferenz in Madrid. Der Direktor der spanischen Sektion der Menschenrechtsgruppe, Esteban Beltran, machte ausdrücklich auch spanische Beamte für die Tragödie verantwortlich.



Sicherheitsbeamte beider Länder hätten sich «Verbrechen gegen die Menschlichkeit» zu Schulden kommen lassen, sagte er. Spanische Beamte hätten Verletzten nicht geholfen, sondern sie gewaltsam nach Marokko zurückgedrängt. Die Vize-Direktorin von Amnesty für den Nahen Osten, Amna Guellali, forderte eine unabhängige Untersuchung.



Das spanische Innenministerium widersprach den Vorwürfen am Dienstag energisch. Das sei «absolut falsch», elf Migranten seien damals auf spanischer Seite medizinisch versorgt worden, teilte das Ministerium auf Anfrage mit. Die von Amnesty erhobenen Vorwürfe basierten nur auf Aussagen «interessierter Kreise». Spanien betont, dass es sich um tragische Umstände auf dem Territorium eines anderen Landes, Marokko, handele. Spanische Polizisten hätten sich an Recht und Gesetz gehalten und auf spanischem Boden habe es keine Toten gegeben, betonte Spaniens Innenminister Fernando Grande-Marlaska wiederholt.



Die marokkanische Regierung hatte nach den Vorfällen die Migranten selbst beschuldigt und ihnen «schwere Gewalt» gegen Sicherheitskräfte vorgeworfen. Der nationale Menschenrechtsrat Marokkos kam im Juli zum Ergebnis, dass die Migranten «extrem gewaltsam» vorgegangen seien.



Dabei habe eine «gewaltige Zahl» von rund 2000 Menschen den Übergang gestürmt, bewaffnet mit Steinen, Stöcken und spitzen Gegenständen. In einem Fall hätten Migranten einen Sicherheitsbeamten als «Geisel» genommen. (dpa)