Syrien und die COVID-19-Pandemie
Idlib - dem Coronavirus ausgeliefert

Keine Seife, kaum Wasser und keine Quarantäne-Plätze: In der Region Idlib wächst die Sorge vor einer möglichen Ausbreitung des Coronavirus. Das Frauenzentrum Idlib versucht, die Menschen aufzuklären. Von Diana Hodali

Noch ist der neue Feind im Norden Syriens nicht angekommen. Zumindest nicht offiziell. Doch die Befürchtung, dass COVID-19 auch die Region Idlib erreichen wird, wird von Tag zu Tag größer. Das Virus ist bereits im Land. "Nur" fünf Infizierte soll es geben, mehr will das Gesundheitsministerium des Assad-Regimes nicht bestätigen.

Erst seit wenigen Wochen müssen die Menschen den Bombenhagel des syrischen Regimes und seines Verbündeten Russland nicht fürchten - zumindest vorerst nicht, denn es herrscht Waffenruhe. Über eine Million Menschen sind aus der Provinz seit Beginn der Militäroffensive im Dezember 2019 vor den Bombardements geflohen, die meisten von ihnen Frauen und Kinder. Sie haben ihre Häuser und ihre Dörfer verlassen. Sie alle sind Vertriebene im eigenen Land, manche bereits zum zweiten, dritten oder vierten Mal auf der Flucht, leben unter schwierigsten Bedingungen in provisorischen Lagern.

Dort teilen sich nicht selten zehn Personen ein paar wenige Quadratmeter in einem Zelt. Schlafen, essen, leben dicht an dicht. "Wie soll ich diesen Menschen sagen, dass sie Abstand halten sollen?", fragt Huda Khayti, Leiterin des Frauenzentrums in der Stadt Idlib. Sie leitet eine Aufklärungskampagne zum Thema COVID-19. "Diese Menschen haben kaum Zugang zu sauberem Wasser, es gibt nur wenige Toiletten für viel zu viele Menschen, keine Masken, keine Handschuhe."

Kaum Wasser, keine Seife

Hände waschen und physische Distanz halten sind in den überfüllten Lagern einfach nicht möglich. An Quarantäne ist nicht zu denken. Manche können sich und ihre Kinder tagelang nicht duschen, stündliches Händewaschen illusorisch. Und wie es um ihre Abwehrkräfte steht, kann man nur erahnen.

Aufklärung im Frauenzentrum Idlib über das Coronavirus; Foto: H. Khayti
Auf das Schlimmste vorbereitet sein: Im Frauenzentrum Idlib klärt eine Krankenschwester über die Symptome von COVID-19 auf. Wann das Virus auch die Region Idlib erreichen wird, scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein. Manche Ärzte in Idlib gehen sogar davon aus, dass das Virus bereits getötet hat.

Es wäre nicht nur eine Herausforderung, wenn das Coronavirus Idlib erreicht, nein, es wäre eine Katastrophe. Ein Ausbruch wäre "verheerend" für die tausenden Menschen, deren Gesundheitszustand schon jetzt durch Nahrungs- und Wassermangel sowie die Kälte geschwächt sei, sagte die Sprecherin des International Rescue Committee, Misty Buswell. 

Denn während bereits viele Länder mit funktionierenden Gesundheitssystemen völlig überfordert sind, ihre erkrankten Bürger zu versorgen, werden die Menschen im Kriegsgebiet Idlib mit ihrem schwachen Gesundheitssystem besonders betroffen sein.

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