Das "West-Eastern Divan Orchestra": Musik im Dienste des Weltfriedens

Im neu aufgeflammten Nahostkonflikt geht Daniel Barenboim mit seinem israelisch-arabischen Orchester, das er auch als "unabhängige Republik" bezeichnet, auf Tournee. Der Dirigent hat eine Botschaft, die in der Region fast untergeht.

Wenn das Diwan-Orchester am lautesten bejubelt wird, geht es dem Nahen Osten besonders dreckig. In Berlin haben die Musiker gerade in Ovationen gebadet, das Konzert in Moskau ist so gut wie ausverkauft. In Gaza sind in drei Wochen 1.000 Menschen gestorben.

Dieser Zusammenhang ist einerseits furchtbar, andererseits eine logische Folge des Unternehmens, denn ohne Nahostkonflikt gäbe es das Orchester nicht. Vor zehn Jahren schufen Daniel Barenboim und der arabische Literaturwissenschaftler Edward Said ein Forum für junge Juden, Christen und Muslime.

West-östliche Vision

Daraus entstand das West-östliche-Diwan-Orchester, ein Modell für das Zusammenspiel von Gleichen, eine Utopie für einen anderen Nahen Osten, naiv und voller Pathos, aber unwiderstehlich. Barenboim nennt es "unsere unabhängige Republik".

Die jetzige Reise durch Europa hätte die Geburtstagstournee sein sollen. Dann begann die Offensive. Kairo und Doha sagten Konzerte "aus Sicherheitsgründen" ab, so wie vor zweieinhalb Jahren im Libanon-Krieg.

Damals hätte es die Gruppe fast zerrissen, einige Musiker reisten gar nicht erst zu den Proben, der Schock saß tief. Diesmal sind sie vollzählig gekommen, randvoll mit Wut und Zweifeln zwar, aber auch überlegter, aufmerksamer, reifer. "Der Krieg trifft mich tiefer, als ich sagen kann, aber er führt auch zu faszinierenden Diskussionen", sagt Daniel Cohen: "Zum ersten Mal streiten nicht nur Israelis mit Arabern, sondern auch die Israelis untereinander: Was heißt es, "patriotisch" zu sein, was "israelisch"?"

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