Europarat äußert sich alarmiert über Zustände in griechischen Flüchtlingslagern

Stockschläge und Fausthiebe, verheerende hygienische Zustände in hoffnungslos überfüllten Sammelunterkünften, Mangel an Trinkwasser, Nahrung und Medikamenten - der Europarat hat sich abermals alarmiert über die Lage von Flüchtlingen in Griechenland geäußert. Zahlreiche Migranten, unter ihnen schwangere Frauen, Mütter mit kleinen Kindern sowie unbegleitete Minderjährige, seien unter "unmenschlichen und entwürdigenden" Bedingungen zusammengepfercht, stellte das Anti-Folter-Komitees (CPT) des Europarats in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht fest.

Eine Delegation des Komitees, darunter ein Arzt, hatte im April vergangenen Jahres mehrere Erstaufnahme- sowie Abschiebelager besucht - in der Evros-Region entlang der Landgrenze zur Türkei, auf Inseln in der Ägäis sowie in Athen. Besonders alarmierende Zustände fanden die Experten des Europarats in dem Lager von Fylakio nahe der türkischen Grenze vor - einem der mit Hilfe der EU eingerichteten "hotspots", in denen Flüchtlinge identifiziert und registriert werden.

Zum Zeitpunkt des Besuchs waren in dem Lager 319 Migranten untergebracht, manche über mehrere Wochen. Unter ihnen waren 128 Minderjährige, von denen etwa die Hälfte ohne Begleitung von Erwachsenen auf der Flucht war. Die Schlafsäle seien so überfüllt gewesen, dass es pro Person kaum mehr als einen Quadratmeter Platz gegeben habe. 

Ähnliche Zustände herrschten dem Bericht zufolge auf den Stationen der griechischen Grenzpolizei von Isaakio und Tychero sowie im Abschiebelager Moria auf der Insel Lesbos - schmutzige Matratzen und Decken, extrem verdreckte sanitäre Anlagen voller Müll, verstopfte Toiletten sowie Mangel an Waschgelegenheiten. Aufgrund der verheerenden hygienischen Bedingungen litten demnach zahlreiche Migranten unter Krätze.

Mehrere Flüchtlinge hätten zudem über Polizeibrutalitäten geklagt - etwa Stockschläge auf den Kopf und Fausthiebe. Der Arzt der Delegation stellte laut Bericht Verletzungen fest, welche die Vorwürfe untermauerten.

Wie bereits nach einer Inspektionsreise im Frühjahr 2016 äußerten sich die Experten des Europarats besonders besorgt über die Lage unbegleiteter Minderjähriger. Sie seien oft zusammen mit alleinstehenden Männern in überfüllten Schlafsälen untergebracht, mit denen sie außerdem die sanitären Anlagen teilten. Diese Situation setze Jugendliche dem Risiko sexueller Gewalt aus.

Im Mai 2018 befanden sich dem Bericht zufolge schätzungsweise 3500 unbegleitete minderjährige Migranten in Griechenland. Weniger als tausend von ihnen seien in angemessenen Einrichtungen untergebracht gewesen. Gegenüber 2016 habe sich die Situation nicht gebessert - sie sei im Gegenteil schlechter geworden.

Die griechische Regierung wies in ihrer am gleichen Tag veröffentlichten Stellungnahme zu dem Bericht den Vorwurf der Misshandlung von Migranten durch Polizisten zurück. Disziplinarische Untersuchungen hätten dies nicht bestätigt. Zur Kritik an den Zuständen in den Lagern merkte Athen an, im Frühjahr 2018 seien besonders viele Migranten aus der Türkei über den Grenzfluss Evros oder über das Meer nach Griechenland gekommen. Nach Angaben des UN-Flüchtlingskommissariats (UNHCR) trafen von Januar bis April 2018 insgesamt 16.500 Flüchtlinge in Griechenland ein.

Nach Angaben der Europäischen Kommission in Brüssel hat die EU Griechenland für die Jahre 2014 bis 2020 fast 510 Millionen Euro für die Unterbringungen von Flüchtlingen bewilligt. Das Anti-Folter-Komitee des Europarats hat die Aufgabe, die Einhaltung der Europäischen Anti-Folter-Konvention zu überwachen.

Dazu besuchen Mitglieder des Komitees - Strafvollzugsexperten, Ärzte und Psychologen - in regelmäßigen Abständen Einrichtungen, in denen Menschen festgehalten werden. Seit 2005 haben Delegationen des Gremiums bereits neun Mal Flüchtlingslager in Griechenland besucht. (AFP)