Bundesregierung warnt vor Einflussnahme türkischer Rechtsextremisten auf Parteien

Berlin. Türkische Rechtsextremisten versuchen nach Einschätzung der Bundesregierung Einfluss auf die öffentliche und politische Meinungsbildung in Deutschland zu nehmen. Das geht aus einer Antwort der Regierung auf eine Anfrage der FDP-Fraktion hervor, aus der die "Welt" am Freitag zitierte.

Demnach seien Teile der Anhängerschaft des türkischen Rechtsextremismus bemüht, "über die Nähe zu politischen Entscheidungsträgern und Parteien Einfluss auf den politischen Diskurs innerhalb der deutschen Mehrheitsgesellschaft zu nehmen". Insbesondere in der Lokalpolitik versuchen demnach Teile der türkisch-rechtsextremen Szene, "etablierte interkulturelle Gesprächsformate zu besetzen".

Der Bundesregierung liegen dem Bericht zufolge Erkenntnisse über die Kandidatur von Personen aus dem Umfeld des türkischen Rechtsextremismus bei den Kommunal- und Integrationsratswahlen in Nordrhein-Westfalen im vergangenen September vor. Der Aufbau und Erhalt von parteipolitischen Kontakten auf lokaler, Landes- oder Bundesebene diene auch dem Zweck, "Akzeptanz- und Reputationsgewinne zu erzielen".



Erstmals ordnet die Bundesregierung die Stiftung für politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Forschung (SETA), die seit 2017 ein Büro in Berlin unterhält, klar dem Umfeld der türkischen Regierungspartei AKP zu. SETA werde dafür genutzt, "die Standpunkte der gegenwärtigen türkischen Regierung in deutscher Sprache unter dem Label Wissenschaft und Forschung zu veröffentlichen", zitierte die "Welt" aus den Unterlagen. Es bestünden auch personelle Verbindungen zur türkischen Regierung.



Auch die Mill-Görüs-Bewegung (IGMG) versuche als Ansprechpartner für Politik und Gesellschaft zu fungieren. "Über den von ihr dominierten 'Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland e.V.' (IR) ist sie indirekt in der 'Deutschen Islamkonferenz' vertreten", heißt es dem Bericht zufolge in der Antwort der Bundesregierung.



FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae sagte der "Welt", die Bundesregierung nehme "mit überraschender Deutlichkeit" Stellung "zu der Strategie türkischer staatlicher Stellen, mithilfe eines immer dichteren Netzwerkes staatlich gesteuerter religiöser und gesellschaftlicher Organisationen durch Spionage, Einschüchterung und Beeinflussung Deutschland zum Austragungsort türkischer Innenpolitik zu machen, oder gar Einfluss auf die Innenpolitik in Deutschland zu nehmen". (AFP)