Wenig Wandel auf Zypern

Seit kurzem dürfen Griechen und Türken auf der geteilten Mittelmeerinsel Zypern endlich ungehindert Handel treiben. Dafür sorgt eine neue EU-Richtlinie. Zumindest theoretisch. Von Michael Knigge

Grenze zwischen dem Norden und dem Süden der Insel, Foto: AP
Grenze zwischen dem Norden und dem Süden der Insel

​​Die im Amtsblatt der Europäischen Union Mitte August veröffentlichten Verordnungen mit den Aktenzeichen (EG) 1480/2004 und 2004/604/EG sollen möglich machen, was seit der Teilung Zyperns 1974 unmöglich war: Die Handelsbeziehungen zwischen dem griechischen und türkischen Teil der Insel wiederzubeleben.

Nach der Brüsseler Verordnung können türkische Unternehmer im Norden auf Grundlage geltenden EU-Rechts ihre Produkte erstmals im griechischen Süden der Insel vertreiben. Von dort aus können die Waren dann sogar ohne weitere Kontrollen oder bürokratische Hürden in andere EU-Staaten ausgeführt werden. Ein Durchbruch für den wirtschaftlich schwachen Nordteil der Insel?

Verordnung mit Haken

Wohl kaum. Denn was sich auf dem Papier gut liest, wird in der Praxis nur schwer umzusetzen sein. Zum einen sind lebende Waren und Agrarprodukte - Güter mit dem wahrscheinlich bedeutendsten Exportpotenzial - von der Regelung ebenso ausgenommen wie aus der Türkei stammende Waren.

Zum anderen benötigen die türkisch-zypriotischen Unternehmer einen griechisch-zypriotischen Partner, der ihre Produkte abnimmt und vertreibt. Diesen zu finden, dürfte sehr schwierig sein.

"Waren, deren Herkunft schwer zu verschleiern ist, wie Konsumgüter, werden im Süden nur schwer verkäuflich sein", sagt Heinz Kramer, Zypern-Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik. Zudem dürften sich griechisch-zypriotische Unternehmer auch aus Eigeninteresse genau überlegen, ob sie als Türöffner für mögliche Konkurrenten aus dem anderen Teil der Insel fungieren wollen.

Viel Symbolik, geringe Wirkung

Baustoffe und Textilprodukte zählen Kramer zufolge zu den wenigen Gütern, die im Süden Absatzchancen haben. "Es wird wohl kaum jemanden interessieren, woher seine Ziegel kommen", sagt Kramer.

Dennoch sind die wirtschaftlichen Folgen der EU-Verordnung insgesamt nur minimal. Einen florierenden Handel zwischen beiden Inselteilen kann eben auch die EU nicht per Veröffentlichung im Amtsblatt verordnen.

"Meiner Ansicht nach ist das ein Akt von hoher politischer Symbolik, der zeigen soll, dass der Norden nicht ausgeschlossen sein soll, aber er ist von sehr geringer wirtschaftlicher Bedeutung", sagt Kramer.

Einen wirklichen Durchbruch für die Handelsbeziehungen der geteilten Insel mit der EU könnte ein derzeit im Ministerrat der EU liegender Vorschlag bringen. Demnach sollen die türkischen Zyprioten Produkte direkt - also ohne Umweg über den griechischen Süden - in die EU exportieren dürfen.

Die Erfolgsaussichten des Vorschlags sind allerdings ungewiss. Griechenland und das den griechischen Teil der Insel repräsentierende EU-Neumitglied Zypern haben sich bereits gegen die vollständige Freigabe des Handels ausgesprochen.

Michael Knigge

© DEUTSCHE WELLE/DW-WORLD.DE 2004