Bahai beklagen neue Verfolgungswelle im Iran

Genf. Die Glaubensgemeinschaft der Bahai sieht sich im Iran einer neuen Welle von Repressalien ausgesetzt. In den vergangenen Wochen seien in mehr als 180 Fällen Gläubige festgenommen oder zu Haftstrafen verurteilt, Geschäfte geschlossen und Wohnungen durchsucht worden, teilte die Vertreterin der Bahai bei den Vereinten Nationen in Genf, Simin Fahandej, am Mittwoch mit. Als Beispiel verwies Fahandej auf die Verhaftung eines gesundheitlich angeschlagenen 90-Jährigen, der wegen seiner früheren Leitungstätigkeit für die Gemeinde schon von 2008 bis 2018 im Gefängnis gesessen habe.

Fahandej sprach von "Versuchen, die Bahai-Gemeinschaft im Iran zu zerstören". Der Mitteilung nach erfolgten Maßnahmen gegen Bahai in zahlreichen Städten landesweit. Anlässe für das behördliche Vorgehen seien etwa der Betrieb von Musikschulen, Bildungsaktivitäten oder Seelsorgedienste. Das Bahai-Büro in Genf zog einen Vergleich mit August vergangenen Jahres, als die Gemeinschaft nach eigenen Angaben im Iran mehr als 300 Fälle von religiöser Verfolgung binnen eines Monats verzeichnete.

Die im 19. Jahrhundert im Iran entstandene Religion der Bahai wird von den Hauptrichtungen des Islam als abtrünnige Lehre betrachtet und insbesondere in ihrem Entstehungsland unterdrückt. Unter anderem Zugang zu Bildung und Beschäftigung sind eingeschränkt. Ein Bericht des UN-Sonderberichterstatters für Menschenrechte im Iran aus dem Jahr 2019 schätzt die Zahl der Bahai in dem Land auf 350.000. Seit der Machtübernahme der schiitischen Geistlichkeit 1979 sollen in der Islamischen Republik Iran mehr als 200 Gläubige allein aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit hingerichtet worden sein. (KNA)