Amnesty wirft israelischer Armee "rechtswidrige tödliche Gewalt" im Westjordanland vor

Rauch über Dschenin nach israelischen Luftschlägen
Rauch über Dschenin nach israelischen Luftschlägen (Foto: Mohamad Torokman/REUTERS)

Berlin. Amnesty International hat Israel zunehmende "rechtswidrige" Gewalt gegen Palästinenser im Westjordanland vorgeworfen und ein Eingreifen der internationalen Justiz gefordert. Israelische Streitkräfte hätten "rechtswidrige Tötungen vorgenommen, unter anderem durch den Einsatz tödlicher Gewalt ohne Notwendigkeit oder in unverhältnismäßiger Weise bei Protesten und Verhaftungen, und den Verletzten medizinische Hilfe verweigert", erklärte die Menschenrechtsorganisation am Montag mit Verweis auf eigene Recherchen. 

Amnesty International untersuchte nach eigenen Angaben vier Fälle vom Oktober und November, in denen das israelische Militär mutmaßlich unrechtmäßig tödliche Gewalt anwandte, die "zur unrechtmäßigen Tötung von 20 Palästinenser*innen, darunter sieben Kindern", geführt habe. Für die Recherche wurden zwölf Menschen befragt, darunter zehn Augenzeugen, sowie Videos und Fotos geprüft. 

"Die vermehrte rechtswidrige tödliche Gewalt der israelischen Streitkräfte gegen Palästinenser*innen im besetzten Westjordanland stellt eine erschreckende Missachtung palästinensischen Lebens dar", erklärte Katja Müller-Fahlbusch, Expertin für den Nahen Osten und Nordafrika bei Amnesty International in Deutschland. "Diese ungesetzlichen Tötungen verstoßen in eklatanter Weise gegen internationale Menschenrechtsnormen."

Müller-Fahlbusch forderte ein Eingreifen der Justiz: Der Ankläger des Internationalen Strafgerichtshofs solle "diese Tötungen und Verletzungen als mögliche Kriegsverbrechen der vorsätzlichen Tötung und der vorsätzlichen Zufügung großen Leids oder schwerer Verletzungen untersuchen". 

Israel hält das Westjordanland, in dem rund drei Millionen Palästinenser leben, seit dem Sechstagekrieg von 1967 besetzt. Seit dem Beginn des Krieges zwischen Israel und der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas im Gazastreifen am 7. Oktober hat auch die Gewalt im Westjordanland stark zugenommen. Nach Zählungen der Nachrichtenagentur AFP wurden bei israelischen Armeeeinsätzen und Angriffen durch Siedler seitdem mehr als 360 Menschen in dem Palästinensergebiet getötet. (AFP)