Mit Maß und Ziel

In den Vereinigten Staaten haben Muslime während des Fastenmonats Ramadan Mittel und Wege gefunden, um umweltbewusster und verantwortungsvoller im Einklang mit der Natur zu leben. Eindrücke von Ryan Strom

Von Ryan Strom

Der Ramadan ist der heiligste Monat des islamischen Jahres. In diesem Ramadan schenken viele Muslime einer neuen Dimension des Fastenmonats Beachtung: unserem Einfluss auf die Erde.

Das ist von außerordentlicher Bedeutung, da wir mehr über die Auswirkungen des Klimawandels, schwindende Ressourcen und insbesondere über weltweit nachlassende Wasserquellen erfahren, was ein zunehmendes Problem in vielen muslimischen Gemeinschaften und Ländern darstellt.

Muslime glauben, dass Gott sie dazu aufgefordert hat, während des Ramadans von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang auf Essen und Trinken zu verzichten. Außerdem streben Muslime in aller Welt danach, spirituelle Zufriedenheit zu erlangen und Gott näher zu kommen. Sei es durch häufiges Beten, Meditation, dem Helfen anderer oder durch Selbstreflexion.

Gottes Schöpfung schützen

Obwohl das Fasten der bekannteste Aspekt jenes Monats ist, so ist er doch auch eine Zeit, in der wir uns die universellen Prinzipien der Gnade, des Mitgefühls und des Respekts für die Erde vergegenwärtigen wollen, die unser Glaube lehrt.

Landschaft in Iran; Foto: FARS
"Gott sagt im Koran, dass er die Menschheit als einen 'Nachfolger auf Erden' eingesetzt hat (Sure 2, Vers 30). Dementsprechend glauben Muslime, dass die Menschen dazu aufgefordert sind, die Erde und alle auf ihr lebenden Gottesgeschöpfe zu beschützen, in Ehren zu halten, zu respektieren und sich um sie zu kümmern", schreibt Ryan Strom.

​​Gott sagt im Koran, dass er die Menschheit als einen "Nachfolger auf Erden" eingesetzt hat (Sure 2, Vers 30). Dementsprechend glauben Muslime, dass die Menschen dazu aufgefordert sind, die Erde und alle auf ihr lebenden Gottesgeschöpfe zu beschützen, in Ehren zu halten, zu respektieren und sich um sie zu kümmern. Dieses Motiv spiegelte sich im Leben Muhammads wider. Einer seiner bekannten Aussprüche besagt, dass sogar dann, wenn das Ende der Welt naht und man gerade dabei ist, einen Baum zu pflanzen, man nicht damit aufhören soll.

In den Vereinigten Staaten haben Muslime während des Ramadans Wege gefunden, um den Monat "grüner" und nachhaltiger zu gestalten und ihre negativen Auswirkungen auf die Erde zu begrenzen. Das abendliche Fastenbrechen ("Iftar") spielt in diesem Zusammenhang eine besonders wichtige Rolle: Über den ganzen Ramadan hinweg versammeln sich jede Nacht Muslime zum gemeinsamen Fastenbrechen, wobei größere Versammlungen gewöhnlich in örtlichen Moscheen abgehalten werden.

"Grüne Iftars"

Viele Muslime haben angefangen, sogenannte "Grüne Iftars" oder "Iftars ohne Müll" zu veranstalten, die eine Alternative zur massenhaften Entsorgung von Einweggeschirr und sogar Essen bieten. Gruppen, die den "Grünen Iftar" einführen, benutzen recyclingfähige Materialien und wollen damit unnötigen Müll vermeiden.

Manche Moscheen, wie etwa die Dar al-Hijrah oder das Adams Center im Norden des US-Bundesstaates Virginia, bringen ihren Gemeinden bei, wie wichtig Umweltverträglichkeit ist: Sie haben Recyclingprogramme entwickelt, um ihre Mitglieder weiterzubilden.

Andere Muslime gehen einen individuelleren Weg, indem sie versuchen, nachhaltiges Handeln in ihr tägliches Leben zu integrieren. Viele folgen dem Rat des Propheten, dass Muslime nur ein Drittel ihres Magens mit Essen füllen sollen, während ein Drittel für Wasser und ein weiteres Drittel für Luft vorgesehen ist, was die Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme minimiert.

Iranische Wüstenlandschaft; Foto: FARS
Die Fastenzeit soll nicht einfach nur eine Übung in Verzicht sein. Der Prophet Muhammad machte klar, dass Fasten ohne Kontemplation und Selbstreflexion ein sinnloses Unterfangen sei.

​​Viele geben sich auch Mühe, Wasser bis zum letzten Tropfen zu sparen, vor allem während der rituellen Waschung, die Muslime vor dem Gebet durchführen. Das sparsame Haushalten mit Wasser ist ein immer wiederkehrendes Thema in den islamischen Lehren.

Verwalter der Erde

Zahlreiche Muslime weltweit vermeiden nicht nur Lebensmittel- und Wasserverschwendung, sondern überlegen, was sie wirklich persönlich zum Leben benötigen und wie unser Konsumverhalten die Welt um uns herum beeinflusst.

Der Prophet machte seinen Anhängern deutlich, dass man beim Fasten auch das eigene Handeln reflektieren sollte. Die Muslime werden zum Nachdenken angeregt. Was ist der Sinn des Fastens, wenn unser Handeln und unsere Worte sich nicht ändern? Obgleich es viele höhere Werte gibt, nach denen Muslime in ihrem Alltag streben, sind die Werte Umwelt- und Verantwortungsbewusstsein während dieses Monats ganz besonders wichtig.

Es ist an der Zeit, uns und unsere Mitmenschen dazu zu ermutigen, die bestmöglichen Verwalter der Erde zu sein und als Individuen zu leben, die an Gottes vielfältiger und wunderschöner Schöpfung Anteil nehmen und sie respektieren. Als Menschen sind wir verantwortlich für unsere Welt; und wir haben die Pflicht, die Veränderungen herbeizuführen, die wir sehen wollen.

Wenn jeder von uns, unabhängig von seinem Glauben, sich seine persönliche Verbindung zur Natur und sein Konsumverhalten bewusst machen könnte, wäre die Welt sicherlich ein wesentlich besserer Ort.

Ryan Strom

© Common Ground News Service 2013

Übersetzt aus dem Englischen von Jonas Berninger

Redaktion: Arian Fariborz/Qantara.de