Ermahnungen durch den Imam

Durch die Kooperation der Polizei und einem Imam in Katernberg bei Essen sollen libanesische Jugendliche davor bewahrt werden, in die Kriminalität abzurutschen. Lale Konuk berichtet.

Imam El Zein, Foto: Marcel Winterscheid
Imam El Zein

​​Im Wohnzimmer der libanesischen Moschee „Salahadin“ in Essen-Katernberg: Der schnurrbärtige Hauptkommissar Czarnyan - in zivil - spricht in freundlichem Ton mit Imam El Zein, der ihm in seiner religiösen Tracht aufmerksam zuhört. Ein libanesischer Sozialarbeiter übersetzt seine Worte ins Arabische. Thema ihres Gesprächs ist eine wichtige Änderung des Waffengesetzes. Während des Ramadanfests wollen sie Familien und Jugendliche gemeinsam über das neue Verbot von Butterflymessern aufklären.

Seit rund fünf Jahren arbeiten die beiden eng zusammen. Ob bei Konflikten mit deutschen Nachbarn, kriminellen Delikten von Jugendlichen oder bei Gewalt an Schulen, Imam El Zein hilft, wenn Czarnyan um Hilfe ruft. Dabei betont der Zivilpolizist, die integrative Rolle des Imams: „Wenn man in Gesprächen mit Jugendlichen andeutet, wir waren doch letztens bei Euch zuhause, wir haben doch mit deinem Vater ein Gespräch geführt, der Imam war auch dabei, da merkt man, welchen Respekt der Imam bei den Jugendlichen genießt.“

Man kann viel lernen beim Imam

Seit 13 Jahren arbeitet Imam El Zein in seiner Moschee, die mitten im sozialen Brennpunkt Katernberg liegt. Seine Autorität als Vorbeter nutzt er bewusst, um die Probleme seiner Landsleute zu lösen. Besonders die Jugendlichen ermahnt er, nicht in die Kriminalität abzugleiten. Der 18-jährige Omar nimmt seine Worte ernst: „Die sagen Jugendlichen, wie man mit den Menschen umgehen soll; die bringen jemanden was bei, man lernt viel bei dem Imam.“

Vom Hauptkommissar benötigt Omar ein polizeiliches Führungszeugnis, um sich für eine Ausbildungsstelle zu bewerben. In vielen Belangen ist der Jugendkontaktbeauftragte Ansprechpartner der Jugendlichen. Obwohl er ihnen mit Rat und Tat zur Seite steht, haben sie kaum eine Chance auf Integration, beklagt Herbert Czarnyan. Denn die meisten der 5.000 Libanesen in Essen flohen Mitte der 80er Jahre vor dem Bürgerkrieg. Rund die Hälfte lebt seither ohne gesicherten Rechtsstatus, ohne Aussicht auf einen Arbeitsplatz oder eine andere Perspektive.

Unsichere Rechtslage für die Jugendlichen

Besonders die hier geborenen Jugendlichen sind von Abschiebung bedroht. So ist es nicht verwunderlich, dass etwa ein Drittel der libanesischen Jugendlichen mit dem Gesetz in Konflikt gerät, erklärt Czarnyan: „Manch einer träumt davon, eine Ausbildung zu machen, um sich einen sozialen Stand zu erarbeiten. Aber von Rechts wegen dürfen die Jugendlichen diesen Weg nicht gehen, und dann fehlen uns letztendlich auch die Argumente.“

Gerade die unsichere Rechtslage erschwert die Integration der Jugendlichen. Deswegen plädiert der hiesige Jugendhilfeleiter der AWO Thomas Rüth bei Gewaltkonflikten für ein sofortiges Durchgreifen der zuständigen Stellen: „Die Jugendlichen begreifen dadurch, dass das kein rechtsfreier Raum ist. Durch die Kooperation mit den Imamen und der Kripo können wir ihnen sehr schnell auf die Füße treten.“ Im Idealfall, erzählt Thomas Rüth, kommt morgens der Anruf von der Schule, und sie erscheinen mit versammelter Mannschaft eine Stunde später auf dem Schulhof und lösen den Konflikt. „Das ist etwas was Jugendliche anfassen können.“ Ein wirksames Netzwerk zwischen Imam, Polizei und AWO, was über Katernberg hinaus Schule machen kann.

Lale Konuk

© Qantara.de 2003