Wanka: Große Sorge um akademische Freiheit in der Türkei

Die weitreichenden staatlichen Eingriffe der Türkei in Wissenschaft, Bildung und Forschung sind in Deutschland mit Bestürzung aufgenommen worden. "Diese Maßnahmen geben uns Anlass zu größter Sorge", sagte Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) am Mittwoch in Berlin. Nach den Worten des Präsidenten der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Horst Hippler, sehen die deutschen Hochschulen die aktuellen Entwicklungen an den türkischen Bildungseinrichtungen "mit Entsetzen". "Die tiefen, offenbar skrupellosen Einschnitte in die akademischen Freiheiten durch die türkische Regierung machen uns alle fassungslos."

Nach türkischen Medienberichten hatte der Hochschulrat des Landes unter anderem ein Ausreiseverbot für Wissenschaftler und den Rückruf von im Ausland tätigen Akademikern angeordnet. Wanka betonte: "Die Entlassung von mehr als 15.000 Lehrern sowie die Rücktrittsaufforderungen an mehr als 1.500 Dekane und Hochschulrektoren ohne konkrete Beweise für ein Fehlverhalten und offensichtlich auch ohne ein geregeltes Verfahren, in dem die Betroffenen gehört worden wären, widerspricht rechtsstaatlichen Prinzipien". Freiheit in Bildung, Wissenschaft und Forschung sei ein Grundpfeiler einer demokratischen Gesellschaft. 

Hippler beklagte ebenfalls "Suspendierungen, Generalverdacht gegen Hochschulangehörige und Verhaftungen". Die Nachrichten "deuten darauf hin, dass es um systematische Einschüchterung und um die Vernichtung des freien Geistes" gehe. "Wir fühlen uns mit den betroffenen Hochschulangehörigen tief verbunden und versichern sie unserer Solidarität", betonte der HRK-Präsident.

Traditionell verbänden die Türkei und Deutschland gute Wissenschaftsbeziehungen. Während der nationalsozialistischen Diktatur hätten zahlreiche deutsche Wissenschaftler Zuflucht in der Türkei gefunden. Die Beziehungen zeichneten sich heute durch eine enge Zusammenarbeit in der universitären Forschung sowie einen intensiven Austausch von Studenten und Wissenschaftlern aus.

Der HRK-Präsident hatte bereits im Januar der türkischen Regierung Repressionen gegen Wissenschaftler an türkischen Hochschulen vorgeworfen. Gemeinsam mit internationalen Partnern unterzeichnete er zudem einen Offenen Brief an den türkischen Staatspräsidenten, in dem der Schutz der akademischen Freiheiten eingefordert wurde. (KNA)