Vereinte Nationen: Putin und Erdogan müssen "Blutbad" in Idlib vermeiden

Vor der angekündigten Großoffensive syrischer Truppen auf die Rebellenhochburg Idlib hat die UNO zur Vermeidung eines "Blutbads" aufgerufen. Der russische Präsident Wladimir Putin und sein türkischer Kollege Recep Tayyip Erdogan sollten rasch Auswege aus der Krise erörtern, sagte der UN-Syrienbeauftragte Staffan de Mistura am Dienstag in Genf. Die israelische Luftwaffe bombardierte derweil Ziele im Westen Syriens.

Ein Telefonat zwischen Putin und Erdogan solle noch vor deren Dreiergipfel mit dem iranischen Staatschef Hassan Rohani am Freitag in Teheran stattfinden, sagte der UN-Syriengesandte. Er bekräftigte zugleich seine Bereitschaft, vor Ort in der Provinz Idlib im Nordwesten Syriens für die Einrichtung humanitärer Korridore zur Rettung von Zivilisten zu sorgen.

De Mistura sagte, Presseberichten entnehme er, dass die syrische Militäroffensive mit Unterstützung Russlands und des Irans um den 10. September geplant sei. Der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif sagte, sein Land wolle dazu beitragen, die "Terroristen" aus Idlib zu vertreiben und die Tötung von Zivilisten dabei möglichst vermeiden. Teheran gehört mit Moskau zu den engsten Verbündeten des syrischen Staatschefs Baschar al-Assad in Damaskus. Ankara hält seine schützende Hand über einen Teil der bewaffneten Rebellen.

Der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte zufolge wurden unterdessen bei russischen Luftangriffen in Idlib 13 Zivilisten getötet, darunter sechs Kinder. Zehn Menschen wurden demnach verletzt. Davor habe es 22 Tage lang keine Luftangriffe auf Idlib gegeben.

Bombardiert wurden demnach Ziele im Süden und Südwesten der Provinz, darunter der von der Dschihadistenmiliz Hajat Tahrir al-Scham (HTS) kontrollierte Ort Dschisr al-Schughur und die von anderen Rebellen kontrollierte Ortschaft Ariha.

Moskau wollte sich nicht zu den Angaben äußern. Die in Großbritannien ansässige Beobachtungsstelle bezieht ihre Informationen von Aktivisten vor Ort. Ihre Angaben sind von unabhängiger Seite kaum zu überprüfen.

Nach den Worten von Kreml-Sprecher Dmitri Peskow bereitet sich die syrische Armee derzeit auf die Offensive gegen Idlib vor. Er sagte, die Präsenz zahlreicher "Terroristen" in Idlib trage zur "Destabilisierung der Lage" bei. Sie untergrabe die Bemühungen, zu einer "politisch-diplomatischen Regelung" des Konflikts zu kommen. Sie bedeute aber vor allem eine Bedrohung für die russischen Militärstützpunkte in Syrien. Der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian sagte, angesichts der "dramatischen Lage" der Zivilbevölkerung in Idlib sei eine Verhandlungslösung wichtiger denn je.

Das Weiße Haus in Washington bekräftigte, sollte Assad Chemiewaffen einsetzen, werde es eine rasche Reaktion der USA geben. US-Präsident Donald Trump hatte am Montag vor einer "menschlichen Tragödie" mit "hunderttausenden Toten" gewarnt, sollten die syrischen Streitkräfte Idlib mit Unterstützung Moskaus und Teherans angreifen.

In der überwiegend von islamistischen Kämpfern kontrollierten Region Idlib an der Grenze zur Türkei leben fast drei Millionen Menschen, davon 1,4 Millionen Vertriebene aus anderen Landesteilen. Da die Aufständischen dort keine Ausweichmöglichkeit innerhalb Syriens haben, drohen erbitterte Kämpfe - und womöglich eine Massenflucht in die Türkei.

Die amtliche syrische Nachrichtenagentur Sana meldete unterdessen, die Flugabwehr des Landes habe einige israelische Raketen abgeschossen. Israelische Kampfflugzeuge hätten diese auf Ziele in den westlichen Provinzen Hama und Tartus abgefeuert. Laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte zielten die Raketen dort auf iranische Militärstellungen. Nach vorläufigen Regierungsangaben gab es einen Toten und vier Verletzte.

Ein ranghoher israelischer Militär sagte, in den vergangenen 18 Monaten habe es 202 israelische Angriffe im Nachbarland Syrien gegeben. Die meisten hätten iranischen Zielen gegolten. Insgesamt seien rund 800 Bomben und Raketen zum Einsatz gekommen. (AFP)