US-Religionen reagieren verhalten auf Urteil zum Einreisestopp

Die Reaktionen der Religionsgemeinschaften auf das Urteil des Obersten US-Verfassungsgerichts zum Einreiseverbot für Menschen aus überwiegend muslimischen Ländern bleiben verhalten. Während die katholischen Bischöfe der USA am Dienstag ein Kalifornien betreffendes Abtreibungsurteil zeitnah begrüßten, lag von ihnen bis Mittwochmorgen keine Stellungnahme zum Einreisestopp vor. Sie hatten vor der Entscheidung in einem Schreiben an das Gericht klar von einer "eklatanten religiösen Diskriminierung" gesprochen.

Sehr deutlich äußerten sich dagegen die "Sisters of Mercy". Der Orden nannte das Urteil enttäuschend. Es stehe im "Widerspruch zu den Grundprinzipien und Werten des Landes". Der Präsident der ökumenischen Laieninitiative "Faith and Public Life", John Gehring, sagte, das Urteil trete die Religionsfreiheit mit Füßen. "Stellen Sie sich ein Einreiseverbot für Menschen aus Ländern mit stark katholischer Bevölkerung vor", so Gehring.

Bisher kaum zu vernehmen waren vor allem Stimmen aus dem evangelikalen Spektrum und der christlichen Rechten in den USA, die sich gewöhnlich lautstark zu Themen der Religionsfreiheit melden. Es sei beunruhigend, wenn mit zweierlei Maß gemessen werde, sagte der Rechtsprofessor an der katholischen Fordham University, Jed Shugerman, der "Washington Post". "Wenn es um Religionsfreiheit geht, gibt es Religionen, die mehr Schutz für das Gewissen und ihre Freiheiten erhalten als andere." Dies sei bedenklich.

Der Verfassungsrechtler an der Harvard University, Noah Feldman, warf die Frage auf, ob Religionsfreiheit in den USA für alle Religionsgemeinschaften in gleicher Weise gelte. Das Urteil des Verfassungsgerichts erwecke den Eindruck, als würde sich das Gericht "um die Evangelikalen kümmern", nicht aber um die Rechte der Muslime.

In der Urteilsbegründung hatte das Gericht die Autorität des US-Präsidenten beim Einreiseverbot betont. Die Mehrheit der konservativen Richter lehnte es ab, den Kontext der islamkritischen Äußerungen Trumps bei der Urteilsfindung heranzuziehen. In dem Anfang Juni entschiedenen Fall eines evangelikalen Bäckers, der keine Hochzeitstorte für ein gleichgeschlechtliches Paar fertigen wollte, argumentierte die Mehrheit entgegengesetzt. (KNA)