Kristin Helberg: Patenschaften mit Geflüchteten staatlich fördern

Nach Ansicht der Syrien-Expertin Kristin Helberg sollte der Staat private Patenschaften mit Flüchtlingen fördern und besser organisieren. Sie sollten zum Normalfall werden.

"Würden etwa fünf Paten eine ankommende Familie auf unterschiedliche Art unterstützen, wäre das wie ein Dauer-Integrationskurs", sagte die frühere Nahostkorrespondentin dem Evangelischen Pressedienst.

"Viele Dinge klären sich, wenn man Zeit zusammen verbringt", so Helberg. Im persönlichen Kontakt mit Einheimischen würden die Geflüchteten ganz nebenbei Straßenverkehrsregeln oder kulturelle Dinge wie Begrüßung und das Essen hierzulande kennenlernen, sagte die Autorin des soeben neu erschienenen Buches "Verzerrte Sichtweisen - Syrer bei uns" (Herder-Verlag).

"Flüchtlinge, die sehen, dass es Privatpersonen gibt, die sich um sie kümmern, werden extrem motiviert sein, schnell etwas zurückzugeben." Auch Deutsche profitierten von derartigen Patenschaften, zeigt sich Helberg überzeugt.

"Sobald wir Geflüchtete kennenlernen, wird aus dem potenziellen Vergewaltiger, der unterdrückten Kopftuchträgerin und dem angeblichen Sozialschmarotzer ein ganz normaler Mensch." Im Gespräch könnten auch Missverständnisse über das reiche Deutschland aus dem Weg geräumt werden, sagte Helberg, die jahrelang in Syrien lebte und mit einem Syrer verheiratet ist.

Die Menschen, die hierher kämen, hielten die Bundesrepublik für ein reiches Land, weil sie teure Autos sehen, sie kostenlos im Krankenhaus behandelt werden und ihre Kinder kostenlos in die Schule gehen können.

Ihnen müsse erklärt werden, dass Deutschland nicht von Natur aus reich ist, weil es Ressourcen wie Erdöl besitzt, sondern weil die Menschen hier fleißig arbeiten und Steuern und Sozialabgaben bezahlen, von denen die Gemeinschaft profitiert.

"Wer das versteht, möchte so schnell wie möglich Arbeit finden, weil er anderen nicht auf der Tasche liegen will." Auch der Föderalismus sollte erklärt werden. Wenn ein syrisches Kind in dem einem Bundesland sofort in die Schule dürfe, in einem Bundesland aber Monate warten müsse, dann habe das mit unserem föderalen System zu tun.

Dies sei für Syrer schwer durchschaubar und wirke auf sie willkürlich. Dabei hätten diese die Hoffnung, dass es hier gerecht zugeht, weil sie doch in einem Rechtsstaat angekommen sind. (epd)