Human Rights Watch verurteilt ägyptische Äußerungen zu Tötung von Muslimbrüdern

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hat Äußerungen des ägyptischen Justizministers zur massenhaften Tötung von Muslimbrüdern verurteilt. Ahmed al-Sind hatte in einem TV-Interview Ende Januar gesagt, er werde nicht zufrieden sein, bis mindestens 10.000 der Islamisten für jedes getötete Mitglied der Sicherheitskräfte sterben würden.

Diese Aussagen zeigten, dass die Frage der Gerechtigkeit staatlichen Handelns einigen Mitgliedern der ägyptischen Regierung völlig egal sei, sagte HRW-Nahostdirektorin Sarah Leah Whitson in einer am Montag veröffentlichten Mitteilung. Wie real die Bedrohung sei, zeige sich unter anderem darin, dass Muslimbrüder in Ägypten massenhaft zum Tode verurteilt würden.

Nach dem Sturz des islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi 2013 durch das Militär wurden die Muslimbrüder verboten und als Terroristen verfolgt. Immer wieder gibt es in dem Land auch Anschläge auf Sicherheitskräfte, für die die Islamisten verantwortlich gemacht werden. HRW rief Präsident Abdel Fattah al-Sisi auf, klarzustellen, dass jedes Verbrechen gegen Muslimbrüder oder andere politische Gruppen verfolgt werde.

Am vergangenen Mittwoch (3.2.2016) hatte das oberste Berufungsgericht in Kairo 149 Todesurteile gegen Islamisten aufgehoben. Die Prozesse wegen eines blutigen Anschlags auf eine Polizeistation in Kerdasa vom August 2013 müssen nun neu aufgerollt werden, wie ägyptische Medien meldeten.

Im Dezember 2014 hatte ein Gericht über 188 Unterstützer der Muslimbruderschaft die Todesstrafe verhängt. Sie waren für schuldig befunden worden, an dem «Massaker von Kerdasa» beteiligt gewesen zu sein, bei dem elf Beamte ums Leben kamen. Im Februar 2015 bestätigte Ägyptens Großmufti 183 der Urteile. Zwei Angeklagte aus dem Prozess in Gizeh waren zwischenzeitlich freigesprochen worden, zwei weitere in Haft gestorben. Ein Todesurteil wurde in eine Haftstrafe umgewandelt.

Amnesty International bezeichnete die Bestätigung der Todesurteile damals als «skandalös» und warf der Justiz parteiisches Handeln vor. Die Richter missachteten nationale und internationale Normen. Massenverurteilungen zum Tode seien in Ägypten «fast Routine» geworden, erklärte die Vizedirektorin der Nahost-Abteilung von Amnesty International, Hassiba Hadj Sahraoui. Hingegen sei bis Februar 2015 kein einziges Mitglied der Sicherheitskräfte wegen Gewalt gegen Demonstranten verurteilt worden.

Das «Massaker von Kerdasa» ereignete sich im Zuge von Protesten nach dem Sturz von Präsident Mohammed Mursi im Juli 2013. Während es zu zahlreichen Anschlägen und Gewalttaten von Gegnern der Übergangsregierung kam, gingen Polizei und Armee gewaltsam gegen Protestlager von Anhängern Mursis vor. Nach Darstellung von Amnesty International starben dabei rund 1.000 Demonstranten. (dpa/KNA)