Zehntausende minderjährige Geflüchtete in Europa vermisst

Unbegleitete Kinder aus dem Lager Moria auf Lesbos nach ihrer Ankunft in Hannover (September 2020)
Unbegleitete Kinder aus dem Lager Moria auf Lesbos nach ihrer Ankunft in Hannover (September 2020)Bild: Reuters/F. Bimmer)

Berlin/Wiesbaden. Europaweit werden nach einem Medienbericht derzeit 51.433 unbegleitete minderjährige Geflüchtete vermisst, die sich zuvor in staatlicher Obhut befanden. Das ergebe eine Datenrecherche des internationalen Journalistennetzwerks "Lost in Europe", zu dem auch RBB24 Recherche gehöre, berichtete der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) am Dienstag. Europaweit habe sich die Anzahl vermisster Kinder und Jugendlicher seit 2021 mehr als verdoppelt, hieß es.

Auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) teilte das Bundeskriminalamt (BKA) mit, dass aktuell in Deutschland 2.018 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UmF) vermisst gemeldet sind. Von den im Jahr 2021 vermisst gemeldeten Kindern und Jugendlichen seien noch 179 Fälle offen. Europaweite Vergleichszahlen lägen dem Bundeskriminalamt nicht vor, hieß es.

Zum Verfahren teilte das BKA mit, dass Minderjährige dann als vermisst betrachtet werden, wenn sie ihren gewohnten Lebenskreis verlassen haben und ihr Aufenthalt nicht bekannt ist. Haben Minderjährige ihre Aufnahmeeinrichtungen ohne Hinweise verlassen, geben die Betreuer oder Jugendämter eine Vermisstenanzeige bei der Polizei auf. «Es wird grundsätzlich von einer Gefahr für Leben oder die körperliche Unversehrtheit des Betroffenen ausgegangen», hieß es.

Doch vielfach entfernten sich die Kinder «nicht planlos, sondern wollen ihre Eltern, Verwandten oder Bekannten in anderen deutschen Städten oder gar im europäischen Ausland aufsuchen», erläuterte das BKA. Kämen Kinder oder Jugendliche bei Verwandten oder Bekannten an, erhielten die hiesigen Behörden in den seltensten Fällen eine Rückmeldung, «sodass zunächst keine Löschung aus dem aktuellen Fahndungsbestand erfolgen kann».

Fachleute warnten davor, dass unbegleitete geflüchtete Kinder und Jugendliche besonderen Risiken ausgesetzt seien, heißt es in dem RBB-Beitrag weiter. Nach Beobachtungen des Deutschen Kinderhilfswerks könnten sie kriminellen Organisationen in die Hände fallen oder Opfer sexuellen Missbrauchs werden. (epd)