«Ärzte ohne Grenzen» beklagt desolate Lage im Sudan

Hilfslieferung in Darfur
Nach Monaten erreicht im April erstmals wieder ein Konvoi mit Nahrungsmitteln die Region Darfur im Westen des Sudan. Um eine drohende Hungersnot abzuwenden, ist wesentlich mehr Hilfe nötig. (Foto: David Allignon/MAXPPP/dpa/picture alliance)

Seit einem Jahr leidet die Bevölkerung im Sudan unter dem Machtkampf zwischen der Armee und der Miliz RSF. Vor allem kleine Kinder und Mütter hungern und haben kaum Chancen auf medizinische Betreuung. «Ärzte ohne Grenzen» fordert mehr Hilfe.

Nairobi/Khartum. «Ärzte ohne Grenzen» beklagt eine «systematische Vernachlässigung» des Sudan durch die internationale Gemeinschaft. «Die Krise im Sudan ist eine der schlimmsten Krisen seit Jahrzehnten weltweit», sagte der internationale Präsident der Hilfsorganisation, Christos Christou, am Montag angesichts von Hunger und Gewalt. Es sei eine menschengemachte Katastrophe. «Ärzte ohne Grenzen» rief Geberländer wie Deutschland dazu auf, UN-Agenturen und Hilfswerke zu unterstützen, damit mehr von der dringend benötigten Hilfe im Land ankommt.

Die Organisation kritisierte auch eine Behinderung ihrer Arbeit in dem Land im Nordosten Afrikas. «Die Behörden halten Genehmigungen zurück, beschränken die Lieferungen von medizinischem Versorgungsmaterial und Visa für ausgebildetes Personal und erlauben nur selten, dass Lieferungen die Frontlinien überqueren», sagte Abdalla Hussein, der die Einsätze für "Ärzte ohne Grenzen" im Sudan koordiniert, bei einer Pressekonferenz in der kenianischen Hauptstadt Nairobi.

Die seit einem Jahr anhaltenden Kämpfe zwischen der Armee und den paramilitärischen »Rapid Support Forces« (RSF) haben extreme Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung im Sudan. Hussein sagte, vor allem in der Region Nord Darfur sei die Hungersituation katastrophal.

Nur etwa 20 bis 30 Prozent der Gesundheitsinfrastruktur im Land könne noch Versorgung für die Bevölkerung bieten.

Insbesondere nachdem die RSF-Miliz im Dezember Felder rund um die Stadt Wad Madani zerstört hat, die einen Großteil der Bevölkerung im Land mit Nahrung versorgt hatten, ist die Lage den Angaben zufolge desolat. Einige Gegenden im Sudan seien schwarze Löcher, was humanitäre Hilfe angeht, hieß es. »Ärzte ohne Grenzen« ist eine der wenigen Organisationen, die aktuell im Sudan noch Hilfe leistet, nachdem mit Kriegsbeginn die allermeisten ihre Arbeit eingestellt hatten.

»Ärzte ohne Grenzen« habe die Hilfe ausgeweitet und behandle beispielsweise auch Kriegsverletzungen auf einer Geburtsstation. Auch helfe die Organisation bei der Trinkwasserversorgung. Es sei allerdings nicht möglich, so viel Hilfe zu leisten, wie nötig sei, sagte Hussein. »Wir sind überlastet.« Es brauche dringend mehr Hilfsorganisationen und dass diejenigen ihre Arbeit wieder aufnehmen, die sie nach Kriegsbeginn eingestellt haben.

Nach einer Erhebung von "Ärzte ohne Grenzen" von Januar sind im Vertriebenenlager Zamzam in der Region Nord-Darfur ein Viertel aller Kinder unter fünf Jahren mangelernährt, sieben Prozent sind akut unterernährt. Die Zahlen lägen weit höher, als sie in Krisen mit einer gewissen Stabilität sein dürfen. Bei den Kindern unter zwei Jahren und schwangeren und stillenden Müttern lag die Rate der Mangelernährung demnach sogar bei 40 Prozent. Insgesamt sind nach UN-Angaben im Sudan 25 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen, mehr als acht Millionen Menschen sind auf der Flucht.

Die Rolle der Geberländer sei es, Lösungen zu finden. Besonders einflussreiche Länder sollten alles daran setzen, die Kriegsparteien dazu zu bringen, sich an internationales Kriegsrecht und humanitäres Recht zu halten. Mitte April 2023 eskalierte ein Konflikt zwischen der Armee und den RSF um die Macht im Sudan. (epd)