Oppositionsparteien in der Türkei schmieden Allianz gegen Erdogan

Die sonst gespaltene türkische Opposition rauft sich zusammen: Wenige Wochen vor den Wahlen bildet sie ein Bündnis gegen Erdogans AKP. Sie kritisiert aber auch einen ungleichen Wahlkampf. Von Mirjam Schmitt

Sieben Wochen vor den Präsidenten- und Parlamentswahlen in der Türkei haben vier Oppositionsparteien ein Wahlbündnis besiegelt, um die regierende AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan herauszufordern. Die Allianz sei ein Schritt hin zum «größtmöglichen Konsens», sagte der Sprecher der größten Oppositionspartei CHP, Bülent Tezcan. Zugleich kritisierte die Opposition die Wahlkampfbedingungen.

Während Amtsinhaber Recep Tayyip Erdogan Ende Mai in Bosnien- Herzegowina auftreten will, entzogen die türkischen Behörden dem Chef der pro-kurdischen Oppositionspartei HDP, Sezai Temelli, den Pass. Damit könne er nicht ausreisen, teilte Temelli auf Twitter mit. CHP-Präsidentenkandidat Muharrem Ince forderte unterdessen die Freilassung des inhaftierten HDP-Präsidentenkandidaten, um eine demokratische Wahl zu gewährleisten. «Haltet Selahattin Demirtas nicht im Gefängnis fest», sagte er.

Die Parlaments- und Präsidentenwahlen werden am 24. Juni gleichzeitig abgehalten. Die islamisch-konservative AKP war bereits vor Wochen ein Wahlbündnis mit der ultranationalistischen MHP eingegangen. Im März hatten sie das Wahlgesetz geändert, um ein solches Bündnis zu ermöglichen. Mit dem neuen Gesetz gilt die Zehn-Prozent-Hürde nicht für die einzelne Partei, sondern für das Bündnis insgesamt. Damit kann etwa die MHP, die auch Erdogans Präsidentschaftskandidatur unterstützt, die Zehn-Prozent-Hürde umgehen.

Die CHP schloss das «Volksallianz» genannte Bündnis mit der nationalkonservativen lyi-Partei der ehemaligen Innenministerin Meral Aksener, der islamistischen Saadet-Partei und der konservativen Demokratischen Partei. Drei der Parteien stellen jedoch jeweils eigene Kandidaten zur Präsidentenwahl auf.

CHP-Sprecher Tezcan sagte, die Gruppe habe sich auf wichtige Prinzipien geeinigt. Dazu gehörten die Wiederherstellung der vollen Rede- und Pressefreiheit. Auch solle die Justiz unabhängiger von der Regierung werden. Amtsinhaber Erdogan kritisierte die Oppositionsallianz und sagte, es fehle ihr an Prinzipien.

CHP-Kandidat Ince begann seinen Wahlkampfauftakt am Samstag in seinem Wahlkreis, dem westtürkischen Yalova. Wichtige Nachrichtensender wie CNN Türk und NTV, sowie der Staatssender TRT übertrugen die Veranstaltung nicht. Ince kritisierte vor allem den Sender TRT und sagte, er habe die Pflicht, auch über die Opposition zu berichten.

Die Vorstellung des AKP-Wahlprogramms durch Erdogan wurde dagegen auf allen wichtigen Kanälen live übertragen. Der Staatschef bezeichnete die Wahlen im Juni als «Zeitenwende» und kündigte im Falle eines Wahlsiegs unter anderem neue Investitionen an. (dpa)