Muslim gründet Karnevalsverein "Orient-Okzident Express"

In Köln gibt es den jüdischen Karnevalsverein "Kölsche Kippa Köpp", in Düsseldorf nun den Klub "Orient-Okzident Express". Gegründet hat ihn ein Muslim. Die Gruppe versteht sich als offen für alle.

Nach der Premiere im vergangenen Jahr ist er auch dieses Mal wieder dabei: der "Toleranzwagen" im Rosenmontagszug in Düsseldorf unter Beteiligung der katholischen und evangelischen Kirche, der jüdischen Gemeinde und von Muslimen. Gleichwohl gibt es eine Neuerung, denn die Muslime werden in diesem Jahr von einem neuen Karnevalsverein vertreten, dem "Orient-Okzident Express".

Die Jecken haben sich auf Initiative des Muslims Ataman Yildirim zusammengeschlossen. Der Club versteht sich nicht als ausdrücklich muslimisch, sondern offen für alle - so ist der zweite Vorsitzende, Amit-Elias Marcus, Jude. Unter den bisherigen Mitgliedern sind zudem Christen und Atheisten, darunter Homosexuelle und Heterosexuelle, wie Yildirim betont. "Mir geht es darum, gemeinsam jeck zu sein."

Diese Idee sei mindestens im Rheinland mit seinen Karnevalshochburgen einmalig, möglicherweise auch bundesweit, sagt Yildirim. Er habe in den Vorständen der etablierten Karnevalsvereine bisher niemanden mit muslimischem Hintergrund gesehen - dabei sei die fünfte Jahreszeit "eine richtige Willkommenskultur", begründet er seine Initiative. "Uns geht es um den Austausch der Kulturen und Religionen."

Yildirim wollte zur Tat schreiten, denn aus seiner Sicht reicht es nicht, lediglich über Integration zu sprechen - man müsse das Thema auch in der Praxis anpacken. Da kennt sich der in Neuss lebende Yildirim aus, denn er arbeitet im "zivilen Leben" im Fachdienst Migration und Integration der Arbeiterwohlfahrt (AWO). Und nicht nur das: Er war außerdem 2019 als Initiator des Projektes "Väterarbeit" - ein Angebot für Väter aus Kriegs- und Krisengebieten der Düsseldorfer AWO - auf dem Neujahrsempfang des Bundespräsidenten eingeladen.

Nun also der "Toleranzwagen" in einem der bekanntesten Umzüge der Republik. Vorläufer war 2018 ein Wagen der jüdischen Gemeinde unter dem Motto "Heinrich Heine - der berühmteste jüdische Sohn der Stadt" beim Rosenmontagszug dabei - das erste Mal. Mit dem neuen Projekt habe man ein Zeichen für den Dialog zwischen den Religionen und gegen Vorurteile und Diskriminierung setzen wollen, sagte im vergangenen Jahr der Verwaltungsdirektor der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf, Michael Szentei-Heise.

Eine Art "närrisches Pendant" zum Düsseldorfer Verein ist der ebenfalls noch relativ neue jüdische Karnevalsverein "Kölsche Kippa Köpp" aus Köln. Auch dieser Club versteht sich nach Angaben seines Präsidenten Aaron Knappstein nicht nur als jüdisch, sondern offen auch für Nichtjuden. Und auf seiner Agenda steht ebenfalls der Aufruf zu Toleranz und einem besseren Miteinander. Am 5. Januar hatte der Verein seine erste öffentliche Sitzung, zu der rund 200 Gäste kamen.

In Düsseldorf möchte der 42 Jahre alte und aus Herten stammende Yildirim mit seinem neuen Verein nicht nur auf dem "Toleranzwagen" mitfahren: "Mein Traum sind eine eigene Sitzung und ein eigener Wagen." Er wolle auch ein Stück weit in die muslimische Gemeinschaft hineinwirken, denn dort sei Karneval nicht so bekannt und wenn, dann oft mit Vorurteilen behaftet. Stichwort Alkohol. Yildirim wirbt für diese Haltung: "Erlebt es doch und bildet euch dann ein Urteil." Und empfiehlt: "Der eine kann Bier trinken, der andere Buttermilch." (KNA)