Israel will auf Wohnungsräumungen in Ostjerusalem verzichten

Jerusalem. Die umstrittene Häuserräumung im Ostjerusalemer Stadtviertel Scheich Jarrah, die im Mai zu den Auslösern der elftägigen Gewalteskalation zwischen Israelis und Palästinensern gehörte, ist offenbar nicht mehr geplant. Die neue israelische Regierung wolle auf solche Maßnahmen verzichten, selbst wenn bei der für Montag vorgesehenen Anhörung beim Obersten Gericht der Räumungsklage stattgegeben werden sollte, melden lokale Medien unter Berufung auf Regierungskreise.



Ministerpräsident Naftali Bennett wolle damit vermeiden, die Spannungen neu anzuheizen. Neben den Besitzansprüchen um vier Häuser im Viertel Scheich Jarrah hatten auch Querelen um die Zugangsrechte zum Jerusalemer Tempelberg und zur Altstadt im islamischen Fastenmonat Ramadan die Spannungen entfacht.



Die vier Familien, die in den umstrittenen Häusern wohnen, gehörten zu einer Gruppe von ursprünglich 28, die während des Unabhängigkeitskrieges 1948 aus ihren Häusern in andere Teilen Israels flohen und nach Ostjerusalem kamen, das nach dem Krieg in jordanischer Hand war. Jordanien stellte ihnen die Unterkünfte in Scheich Jarrah auf einem Land zur Verfügung, das zuvor Juden gehört hatte; im Gegenzug gaben sie ihren Flüchtlingsstatus auf. Nach israelischem Recht haben sie keine Möglichkeit, an ihre Ursprungsorte in Jaffa, Haifa oder Westjerusalem zurückzukehren.



Die Nahalat Shimon Company, die die Besitzrechte für die Häuser in Scheich Jarrah von zwei jüdischen Organisationen erworben hatte, hatte bei früheren Anhörungen eine Eigentumskette nachgewiesen, die auf jüdische Familien vor der israelischen Staatsgründung zurückging.



Bei den Kämpfen im Mai hatte die Hamas Tausende Raketen aus dem Gazastreifen auf Israel abgefeuert und 13 Israelis getötet. Bei massiven israelischen Luftschlägen kamen 248 Palästinenser ums Leben; mehrere tausend Personen wurden verletzt. Dabei war es auch zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen jüdischen und arabischen Israelis in etlichen israelischen Städten gekommen.



Jordaniens König Abdallah II hatte nach einem Treffen mit US-Präsident Joe Biden am Wochenende diesen "Bürgerkrieg" als "Weckruf für das Volk von Israel und das Volk von Palästina" bezeichnet. Zugleich rief er zu einem neuen Anlauf für die Zwei-Staaten-Lösung für Israelis und Palästinenser auf. (KNA)