In der Kritik: Syrischer Dichter Adonis erhält Remarque-Friedenspreis

Der syrisch-libanesische Dichter Adonis hat am Freitag den mit 25.000 Euro dotierten Erich-Maria-Remarque-Friedenspreis entgegengenommen. Die Stadt Osnabrück hatte die Vergabe nach vielfacher Kritik an dem Dichter aus organisatorischen Gründen verschoben.

Mehrere syrische Oppositionelle, Menschenrechtler und der Zentralrat der Muslime hatten protestiert, nachdem sie den Preisträger im August 2015 bekanntgegeben hatte. Adonis habe sich nie eindeutig von der Gewaltherrschaft des Assad-Regimes distanziert, hieß es. Der 86-Jährige wies die Vorwürfe zurück.

Noch nie hat die Verleihung des Osnabrücker Remarque-Friedenspreises für so viel Kontroversen gesorgt wie dieses Mal: Kritiker werfen dem Preisträger Adonis Nähe zum syrischen Assad-Regime und die Verhöhnung dessen Opfer vor. Im Vorfeld der Auszeichnung wehrt sich der Dichter.

Adonis verteidigte sich gegen die Vorwürfe seiner arabischen Kritiker. Diese hätten sich weder gegen die militärische noch gegen die theokratische Diktatur in seinem Heimatland Syrien geäußert, sagte Adonis am Donnerstag in Osnabrück. «Der erste Schritt zu einer Demokratie ist tatsächlich die Trennung von Staat und Religion», sagte Adonis. Derzeit sehe er in keinem arabischen Land die Voraussetzungen für Demokratie. Daran seien aber auch die USA und Europa schuld, die zwar von Demokratie sprächen, aber theokratische Staaten wie Saudi-Arabien und Qatar stützten. «Wir müssen den Westen fragen, warum er Demokratie verspricht und genau das Gegenteil in diese Region exportiert», sagte der 86-Jährige.

Die Auszeichnung Adonis' war zum Teil heftig kritisiert worden. So sprach der Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels 2015, Navid Kermani, davon, dass Adonis sich nicht vom brutalen Regime des syrischen Machthabers Baschar al-Assad distanziert habe. Kritik rief auch die Gleichsetzung der Opposition zu Assad etwa mit der Terrormiliz IS hervor.

Adonis wies die Kritik zurück. Es gebe verschiedene Oppositionsgruppen in Syrien, die teils mit dem Westen und den USA verbunden seien, teils mit Saudi-Arabien und Qatar, teils eine rein religiöse Opposition und den IS. Er selber unterstütze eine kleine Opposition in Syrien, die sich für einen laizistischen Staat einsetze, also für die Trennung von Staat und Religion nach westlichem Vorbild, gegen Gewalt sei und die Gleichberechtigung der Frau fordere. Diese werde aber gegen die Wand gedrückt.

«Alle, die außerhalb dieser Opposition stehen, sind für mich Söldner, die dem Ausland dienen und nicht dem Land selbst», sagte Adonis. Er kritisierte ausdrücklich auch Kermani. Dieser habe offenbar seine Schriften nicht gelesen oder nicht verstanden, sagte Adonis. Dafür bedankte er sich bei seinen deutschen Schriftstellerkollegen, die ihn unterstützten, wie den früheren Hansa-Verleger Michael Krüger.

Kermani war von der Jury des Remarque-Preises als Laudator angefragt worden, hatte aber abgelehnt. Stattdessen wurde die Laudatio von Daniel Gerlach gehalten. Wegen des Disputs um Adonis hatte die Trägerin des Sonderpreises, die Bürgermeisterin von Lampedusa, Giuseppina Maria Nicolini, den Preis abgelehnt. Die Verleihung des mit 25.000 Euro dotierten Preises war ursprünglich schon für den vergangenen November angesetzt, wurde aber von der Stadt verschoben. (epd)

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