Historischer Preisverfall für Erdöl geht weiter

Nach dem historischen Kurssturz von US-Erdöl an der Börse in New York haben sich die Preisturbulenzen fortgesetzt: Zwar schloss die US-Referenzsorte WTI für Lieferungen im Mai am Dienstag mit rund zehn Dollar im Plus. Der WTI-Preis für Lieferungen im Juni verlor aber 43 Prozent an Wert und lag bei Handelsschluss bei 11,57 Dollar. Das war der niedrigste Wert seit der Einführung dieser Termingeschäfte im Jahr 1983.

Angesichts der geringen Nachfrage wegen der Coronavirus-Pandemie war der Preis für West Texas Intermediate (WTI) am Montag erstmals in seiner Geschichte ins Minus gerauscht. An der New Yorker Börse lag der Schlusspreis am Montag bei minus 37,63 Dollar pro Barrel (159 Liter). Das bedeutete, dass Händler bereit waren, Käufern Geld für die Abnahme des Rohöls zu bieten.

Hintergrund war neben der Coronavirus-Pandemie, dass Mai-Terminverträge nur noch bis Dienstag verkauft werden konnten, die Erdöl-Lager aber nahezu voll sind. Deswegen gab es nahezu keine Abnehmer mehr. Ab Mittwoch werden Termingeschäfte für Juni die neue Referenz an den Ölmärkten.

Am Dienstag geriet auch der Preis für die zuletzt vergleichsweise stabile Nordseesorte Brent ins Rutschen. An der Londoner Börse wurde ein Barrel Brent zur Lieferung im Juni vorübergehend unter 20 Dollar gehandelt, dem niedrigsten Niveau seit fast 20 Jahren.

Die Erdölpreise waren bereits in den vergangenen Wochen wegen der Coronavirus-Pandemie drastisch abgerutscht. Die Nachfrage nach dem Rohstoff hat in der Corona-Krise deutlich nachgelassen. Die Pandemie hat weltweit zu einer drastischen Abnahme der globalen wirtschaftlichen Aktivitäten sowie des Straßen- und Luftverkehrs geführt, weshalb weniger Öl gebraucht wird. Hinzu kam ein Preiskrieg zwischen den Förderländern Saudi-Arabien und Russland.

Zwar einigten sich die wichtigsten Förderländer kürzlich auf eine Senkung der Produktion, um den Preis wieder nach oben zu bringen; sie vereinbarten, im Mai und Juni fast zehn Millionen Barrel Öl weniger täglich zu produzieren. Die Maßnahme blieb bislang jedoch weitgehend wirkungslos.

US-Präsident Donald Trump kündigte am Dienstag Hilfen für die US-Erdölindustrie an. "Wir werden die großartige US-Öl- und Gasindustrie niemals im Stich lassen", schrieb Trump im Kurzbotschaftendienst Twitter. Er habe das Energie- und das Finanzministerium beauftragt, einen Plan mit Hilfsgeldern für die Branche zu erstellen. Damit solle die Zukunft dieser "sehr wichtigen Unternehmen" und der dortigen Arbeitsplätze gesichert werden.

Am Vorabend hatte Trump angekündigt, den dramatischen Absturz des Erdölpreises dafür nutzen zu wollen, die strategischen Ölreserven seines Landes aufzustocken. Seine Regierung wolle die Reserven um bis zu 75 Millionen Barrel erhöhen. (AFP)