Alle gegen Qatar: Saudi-Arabien lässt am Golf die Muskeln spielen

Qatar steht seit langem unter Verdacht, Terrorgruppen zu fördern. Deswegen brechen nun mehrere arabische Staaten die Kontakte zu Doha ab. Doch dabei spielt auch die Feindschaft zum Iran eine zentrale Rolle. Von Jan Kuhlmann

Nach außen hin zeigt sich das kleine Emirat Qatar gerne als modernes Land, das sich für die Welt öffnet. Der reiche Golfstaat rühmt sich etwa seiner Kunstmuseen, in die unzählige Millionen für berühmte Werke fließen.

Im Jahr 2022 will Qatar die Fußball-Weltmeisterschaft austragen, als erstes arabisches Land überhaupt. Das Sportereignis soll Höhepunkt einer Kampagne sein, mit der das Emirat seinen Ruf polieren und seinen Einfluss mehren will. Doch für Kritiker versteckt sich hinter diesem schönen Gesicht die dunkle Seite eines Landes, das seit langem unter dem Verdacht steht, Terrorgruppen zu finanzieren.

Auch die Golfnachbarn Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und Bahrain sowie deren Verbündete Ägypten und Jemen brachten diesen Vorwurf jetzt vor, um alle diplomatischen Kontakte zu Katar abzubrechen - in einer konzertierten Aktion, die die Region in eine schwere Krise stürzt.

In Medienberichten war dem Golfemirat in den vergangenen Jahren immer wieder vorgeworfen worden, Terrororganisationen wie den Islamischen Staat (IS) oder Al-Qaida zu unterstützen. Im syrischen Bürgerkrieg gilt es als offenes Geheimnis, dass aus Qatar Geld an die radikalsten Gegner von Präsident Baschar al-Assad fließt.

Vor allem private Financiers vom Golf sollen sich dabei großzügig zeigen. Zu diesem Ergebnis kommt etwa ein Bericht der konservativen "Foundation for Defense of Democracies" aus Washington. Sie kritisierte Anfang des Jahres Qatars nachlässige Bemühungen, die Terrorfinanzierung zu stoppen. Es fehle der politische Wille, Terrorgeldgeber auf dem Gebiet des Emirats zu verfolgen.

Doch das Verhältnis zwischen Qatar und den anderen Golfstaaten ist schon seit langem angespannt. Bereits vor drei Jahren hatten Saudi-Arabien, die VAE und Bahrain für einige Monate ihre Botschafter aus Doha abgezogen. Damals eskalierte ein Streit um die Muslimbrüder, die von Katar unterstützt und vom dort ansässigen TV-Kanal Al-Dschasira protegiert werden.

Vor allem die Herrscher in Riad, den Emiraten und Kairo fürchten die Islamisten und haben sie zur Terrororganisation erklärt. In Doha finden sie jedoch bis heute Zuflucht. Dennoch halten Beobachter den Terrorvorwurf aus dem Mund etwa der Regierung in Saudi-Arabien für wohlfeil.

Öffentlich stellt sich Riad heute an die Spitze im Kampf gegen den Terror. So unterstützt die saudische Armee die internationale Anti-IS-Koalition, die in Syrien und im Irak im Einsatz ist.

 Beim Besuch von US-Präsident Donald Trump in Riad vor mehr als zwei Wochen wurde in der saudischen Hauptstadt mit großem Pomp ein Anti-Radikalisierungszentrum eröffnet. Dabei sieht sich auch Saudi-Arabien bis heute dem Vorwurf ausgesetzt, den Terroristen des IS und von Al-Qaida den Weg bereitet zu haben.

Die in Saudi-Arabien vorherrschende strenge Lesart des Islam, der Wahhabismus, ist eng mit der radikalen Ideologie der Dschihadisten verwandt. So findet nicht zuletzt die anti-schiitische Propaganda des IS in Saudi-Arabien viele Anhänger. Damit drängt sich der Verdacht auf, dass für den Abbruch der Beziehungen zu Qatar auch andere Motive eine zentrale Rolle spielen.

Ende Mai sorgte ein Bericht für Aufsehen, Katars Emir Tamim bin Hamad Al Thani habe ausgerechnet den schiitischen Iran gelobt, den Erzrivalen Saudi-Arabiens. Zwar erklärte Qatar schnell, der Bericht sei gefälscht gewesen - doch die Empörung war trotzdem groß.

Von Saudi-Arabien finanzierte Medien wie der Nachrichtensender Al-Arabiya begannen eine Kampagne, die kein gutes Haar an Katar ließ. Mit dem Abbruch der Beziehungen lässt Saudi-Arabien als mächtigster Staat am Golf seine Muskeln spielen. Erneut stellt die Monarchie unter Beweis, dass sie unter König Salman aggressiv ihre eigenen Interessen vertritt, vor allem wenn es um den Iran geht.

Auf der Arabischen Halbinsel duldet Saudi-Arabien keinen Widerspruch. Nicht zuletzt die USA stellen Riad vor eine schwierige Situation. Washington pflegt auch zu Qatar enge Kontakte. Bei einem Treffen mit Emir Scheich Tamim in Riad feixte Trump Ende Mai, er wolle "jede Menge wunderschöner militärischer Ausrüstung" an das Emirat verkaufen. Stattdessen ist nun erst einmal Krisenmanagement angesagt, um eine weitere Eskalation zu vermeiden.

Der Abbruch der diplomatischen Beziehungen dürfte Katar trotz seines Reichtums aus Öl und Gas schwer treffen, auch weil die wirtschaftlichen Kontakte davon betroffen sein werden. Alle Nachbarstaaten ließen auch die Grenzen sperren.

Zumindest die Fußball-WM in dem Emirat scheint zunächst dennoch nicht gefährdet. Der erste Ball soll erst in knapp fünf Jahren rollen. Zeit genug also, um den Bruderzwist zwischen den Golfstaaten beizulegen. (dpa)