Auf historischer Mission im Zweistromland

Berlin. Mit seiner ersten Auslandsreise seit 15 Monaten schreibt Papst Franziskus in der kommenden Woche Geschichte: Als erstes Oberhaupt der Katholiken besucht er vom 5. bis 8. März den Irak. Franziskus besucht die kleine christliche Minderheit in einem Land, das jahrelang von Islamisten terrorisiert wurde, nach wie vor von schweren Anschlägen erschüttert wird und das wegen der Corona-Pandemie unter einem strikten Lockdown steht.

Die erste Station der Papstreise ist die Hauptstadt Bagdad. Dort wird Franziskus am Freitag vom irakischen Regierungschef und vom Präsidenten empfangen. In Bagdad sind außerdem Treffen mit Vertretern der katholischen Minderheit in der syrisch-katholischen Kathedrale in Bagdad sowie eine Messe geplant, die der Papst am Samstag in der chaldäisch-katholischen St.-Josefs-Kathedrale feiern wird. Franziskus will außerdem die Städte Nadschaf, Ur, Erbil, Mossul und Karakosch besuchen.



Der frühere Papst Johannes Paul II. hatte bereits 1999 eine Irak-Reise geplant, die er nach erfolglosen Verhandlungen mit dem damaligen Machthaber Saddam Hussein aber absagte. Der Vatikan hatte Franziskus' Reise im Dezember angekündigt. Hinter den Plänen stand angesichts der Corona-Krise und der prekären Sicherheitslage im Irak lange ein großes Fragezeichen. Doch der Papst, dem die Corona-Beschränkungen im Vatikan schwer zu schaffen machen, scheint trotz aller Widrigkeiten entschlossen, die Reise anzutreten.



Im Irak lebten Anfang der 2000er Jahre noch rund 1,5 Millionen Christen, heute sind es nur noch etwa 400.000. In den vergangenen 20 Jahren flohen viele ihrer Glaubensbrüder vor religiös motivierten Angriffen und insbesondere vor islamistischer Gewalt.



In Nadschaf ist für Samstag ein Treffen des Papstes mit dem einflussreichen Schiitenführer Ayatollah Ali Sistani geplant. In Ur, wo der Stammvater von Juden, Christen und Muslimen, Abraham, geboren worden sein soll, steht ein Treffen mit Vertretern verschiedener Religionen auf dem Programm. An dem "Gebetsmoment" in Ur sollen unter anderem Christen, Muslime und Jesiden teilnehmen.



Der Dialog mit dem Islam bildet einen Schwerpunkt von Franziskus' Pontifikat. Zudem lenkt er immer wieder den Blick auf die "Peripherie" der katholischen Kirche, um Christen zu unterstützen, die als Minderheit in ihrer Heimat leben.



Am Sonntagmorgen will der Papst in Mossul für die Kriegsopfer im Irak beten. Die Stadt in der Ninive-Ebene war 2014 von der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) überrannt worden, ebenso wie weite Gebiete im Norden und im Zentrum des Irak. Die Schreckensherrschaft der Extremisten trieb einen Großteil der einheimischen Christen in die Flucht. In Erbil in der autonomen Kurdenregion im Norden des Irak feiert der Papst am Sonntag eine weitere Messe.



"Papst Franziskus wird dem Volk, der katholischen Kirche und allen Irakern eine Botschaft des Trostes und des Friedens bringen, genauso wie der Anerkennung all des Leids und der Anstrengungen", kündigte der Präfekt der Ostkirchenkongregation, Kardinal Leonardi Sandri, kürzlich im Radio Vatikan an.



Bei seinem Besuch im Irak dürfte der Papst die verbliebenen Christen dazu ermutigen, in ihrer Heimat zu bleiben. "Unsere Präsenz im Irak, im Libanon, in Syrien und anderswo ist bedroht", sagte der Patriarch der chaldäisch-katholischen Kirche im Irak, Louis Raphael Sako, nach der Ankündigung der Papstreise im Dezember.



Beim Zentralrat Orientalischer Christen in Deutschland stoßen solche Appelle auf Skepsis. "Es ist ein an Hoffnung gekoppelter Aufruf, der gut gemeint ist, mir aber eher illusorisch erscheint", sagte der Zentralrats-Sprecher Simon Jacob. (AFP)