Irans Pasdaran an den Schalthebeln der Macht

Irans Revolutionsgarden, die Pasdaran, gelten mittlerweile als die eigentlichen Machthaber im  Land. Der Publizist Bahman Nirumand beleuchtet die veränderte Rolle der Pasdaran in der Islamischen Republik und ihren möglichen Einfluss auf die Präsidentschaftswahlen. Mit ihm sprach Shahram Ahadi.

Von Shahram Ahadi

Herr Nirumand, die Revolutionsgarden im Iran, bekannt als "Sepah Pasdaran", wurden 1979 gegründet. Sie sind parallel zur regulären Armee des Landes aktiv, haben - zumindest offiziell - den Auftrag, "die Werte der Islamischen Revolution und die Basis des islamischen Staates zu schützen." Inzwischen haben sich ihre Aufgaben und Befugnisse enorm erweitert. Kann man die Pasdaran als die wahren Machthaber im Iran betrachten?

Bahman Nirumand: Ja. Eigentlich hat es eine solche Machtballung in der gesamten jüngeren Geschichte des Iran noch nie gegeben. Die "Sepah Pasdaran" sind heute die mächtigste Instanz im Iran, sowohl politisch, als auch wirtschaftlich, als auch militärisch. Die reguläre Armee spielt neben den Pasdaran eine sehr sekundäre Rolle. Die Pasdaran sind mit modernsten Waffen ausgerüstet. Sie sind schlagkräftig und entscheiden alle militärischen Fragen, und die reguläre Armee ist dagegen völlig in den Hintergrund geraten.

Die Pasdaran sind also bestens ausgerüstet. Sind sie auch vorbereitet auf einen möglichen Militärschlag seitens Israel? Verbalattacken gab es ja in den letzten Jahren zur Genüge.

Pasdaran im persischen Golf, Foto: © picture alliance /dpa
"Die Pasdaran sind heute die mächtigste Instanz im Iran, sowohl politisch, als auch wirtschaftlich und militärisch. Die reguläre Armee spielt neben den Pasdaran eine sehr sekundäre Rolle", meint Bahman Nirumand.

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Nirumand: Ich denke schon, dass sie vorbereitet sind. Der Iran hat ja sehr viele Möglichkeiten, sich zur Wehr zu setzen. Die Objekte, die angegriffen werden könnten, liegen auf der Hand. Sie haben moderne Raketen und Kriegsschiffe, und sie sind sehr wohl in der Lage, sowohl den USA als auch anderen Staaten Schäden zuzufügen.

Militärisch waren die Pasdaran ja schon immer präsent, aber wie hat sich denn ihre wirtschaftliche Macht verändert?

Nirumand: Inzwischen gelten sie auch als die größte wirtschaftliche Macht des Landes. Die Pasdaran bekommen zum einen Konzessionen für alle größeren infrastrukturellen Projekte im Iran. Ob es um Staudämme geht oder um den Straßenbau, den Bau von Häfen oder Flughäfen: An allen Großprojekten sind die Pasdaran beteiligt.

Darüber hinaus kontrollieren sie die Häfen und Flughäfen und damit auch den gesamten Markt, Aus- und Einfuhren und vor allem auch den Schwarzmarkt. Sie können Waren ins Land bringen und ausführen, ohne Zoll oder Steuern zu bezahlen. Die Pasdaran sind auch beteiligt an Ölprojekten. Es ist also gigantisch, was die Pasdaran insgesamt wirtschaftlich unter ihre Kontrolle gebracht haben.

Welche Rolle spielen die Pasdaran im Atomstreit mit dem Westen?

Nirumand: Die Pasdaran sind an den Entscheidungen sowohl im Atomstreit als auch in sonstigen politisch wichtigen Angelegenheiten direkt mitbeteiligt. Sie sind sehr stark involviert in das Atomprogramm, und ich glaube, dass keine Entscheidung über die Atomfrage gefällt wird ohne die Zustimmung der Pasdaran.

Mohammad Ali Jafari, Foto © AP/Vahid Salemi
Strippenzieher im Hintergrund? Mohammad Ali Jafari kommandiert die iranischen Revolutionsgarden

​​Sie bestimmen auch die Verhandlungspolitik der Iraner. Die iranische Delegation, die die Verhandlungen führt, empfängt zwar offiziell ihre Anweisungen vom Revolutionsführer Ali Khamenei, aber hinter ihm stehen die Pasdaran, und die Entscheidung läuft eigentlich über sie.

Gibt es überhaupt Bereiche, in denen die Pasdaran keinen Einfluss ausüben?

Nirumand: Nein. Sie sind ja auch politisch die wichtigste Macht im Land. Ihre ehemaligen Kommandeure sitzen an den Schalthebeln der Macht. Damals, 2005, als Mahmud Ahmadinedschad zum ersten Mal zum Staatspräsidenten gewählt wurde, hat er die meisten und wichtigsten Schlüsselpositionen mit Kommandanten der Pasdaran besetzt.

Auch 2009 konnte Mahmud Ahmadinedschad bei seiner höchst umstrittenen Wiederwahl auf die Rückendeckung der Pasdaran zählen, aber inzwischen scheint ja das Verhältnis sehr angespannt zu sein. Woran liegt das?

Einheiten der Revolutionswächter der Islamischen Republik Iran, Foto: FARS
Revolutionsgarden als "Staat im Staate": bereits seit dem Ende des Iran-Irak-Krieges begannen die Pasdaran ihre Machtstellung zu festigen und begannen allmählich ein Wirtschaftsimperium aufzubauen. Als Folge gehören heute die rund vier Dutzend Unternehmen des Iran, welche die Substanz der iranischen Ölindustrie ausmachen, nicht nur hohen Klerikern, sondern Kommandeuren der Garden.

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Nirumand: Das liegt an den Meinungsunterschieden zwischen dem Revolutionsführer und dem Präsidenten. Eigentlich hat Khamenei Ahmadinedschad sehr stark unterstützt - nicht nur in seiner ersten Amtszeit, sondern auch bei den Wahlen 2009: Und selbst die Wahlfälschung, die damals stattgefunden hatte, musste mit Zustimmung von Khamenei erfolgt sein. Also, Khamenei hat das Gefühl gehabt, dass Ahmadinedschad sozusagen sein Befehlsempfänger ist und alles tun wird, was der Revolutionsführer möchte.

Aber seit 2009 ist der Präsident aufmüpfig geworden und hat versucht, andere Wege einzuschlagen - vor allem gegen die konservative Geistlichkeit im Iran. Die Kontroversen zwischen Khamenei und Ahmadinedschad nehmen stetig zu, vor allem im Hinblick auf die Wahlen, und die Pasdaran haben sich scheinbar für Khamenei entschieden, zumindest die führenden Generäle.

Das haben sie auch sehr deutlich gesagt. Sie wollen für "gesunde und korrekte" Wahlen sorgen, was bedeutet, dass sie sich direkt einmischen werden - mit dem Ziel, dass der Kandidat von Khamenei gewählt wird. Wie das jetzt an der Basis der Pasdaran aussieht, kann man nicht so genau sagen. Sicherlich hat Ahmadinedschad dort noch immer seine Anhänger.

Interview: Shahram Ahadi

© Deutsche Welle 2013

Bahman Nirumand ist iranisch-stämmiger Publizist, politischer Analyst und mehrfacher Buchautor. Er lebt in Berlin.

Redaktion: Arian Fariborz/Qantara.de