Mehr als eine Million Menschen in Gaza von Hungersnot bedroht

Essensausgabe durch Hilfsorganisationen Ende Februar in der südlichen Grenzstadt Rafah
Essensausgabe durch Hilfsorganisationen Ende Februar in der südlichen Grenzstadt Rafah. (Foto: Abed Zagout/Anadolu/picture alliance)

Rund fünf Monate nach Beginn des Nahost-Krieges verschärft sich die humanitäre Not im Gazastreifen. Mehr als eine Million Menschen stehen kurz vor einer schweren Hungersnot. Israel müsse mehr Hilfe zulassen, fordert UN-Generalsekretär Guterres.

Berlin/Rom. Im Gazastreifen sind laut den Vereinten Nationen mehr als eine Million Menschen von einer schweren Hungersnot bedroht. In dem Gebiet hätten 1,1 Millionen Menschen ihre Nahrungsmittelvorräte aufgebraucht und seien nun von katastrophalem Hunger betroffen, erklärte das UN-Welternährungsprogramm (WFP) am Montag in Rom. «Die Menschen in Gaza verhungern», sagte WFP-Exekutivdirektorin Cindy McCain. Es bleibe nur noch ein «sehr kleines Zeitfenster», um eine Hungersnot abzuwenden.

Das WFP bezog sich auf einen Bericht zum Hunger im Gaza-Streifen. Demnach fallen 1,1 Millionen Menschen - etwa die Hälfte der Bevölkerung - unter die höchste Stufe der Ernährungsunsicherheit in dem international anerkannten Klassifikationssystem IPC. Dabei drohen extreme Unterernährung bis zum Hungertod.

UN-Generalsekretär António Guterres nannte die Lage der Bevölkerung im Gaza-Streifen entsetzlich. Es handele sich um eine von Menschen verursachte Katastrophe, die gestoppt werden könne, sagte er und mahnte eine sofortige humanitäre Waffenruhe an. «Ich fordere die israelischen Behörden auf, den vollständigen und ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfsgüter im gesamten Gazastreifen zu gewährleisten.»

Im Norden des Gaza-Streifens wird nach Angaben des WFP bis Mai mit einer Hungersnot gerechnet. Dort seien 300.000 Menschen von den Kämpfen eingeschlossen. In den südlichen Regierungsbezirken drohe eine Hungersnot bis Juli 2024.

Das UN-Hilfswerk rief Israel auf, mehr Hilfe für die Menschen im Gazastreifen zuzulassen. Das WFP und humanitäre Partner seien darauf angewiesen, dass mehr Zugänge in den Gazastreifen geöffnet werden und ein direkter Grenzübergang in den Norden ermöglicht wird. Für die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln müssten täglich mindestens 300
Lastwagen in den Gazastreifen einfahren.

Nach dem Terrorangriff der radikal-islamischen Hamas vom 7. Oktober hatte Israel eine Militäroffensive im Gaza-Streifen gestartet. Tausende Menschen wurden dabei getötet. Hilfsorganisationen beklagen seit Monaten, dass zu wenig Hilfslieferungen in die Gebiete gelangen.

Auch die Bundesregierung mahnte zuletzt mehr Hilfslieferungen für die Menschen in Gaza an. Unter anderem beteiligen sich zwei Transportflugzeuge der Bundeswehr an einer Luftbrücke, mit der Lebensmittel und Medikamente über dem Gaza-Streifen abgeworfen werden. (epd)