Kritik an Konferenz zu jüdischer Wiederbesiedlung Gazas

Jüdische Siedlung in Gaza vor 2005
Jüdische Siedlung im Gazastreifen vor 2005. In dem Jahr hat Israel alle Siedlungen dort aufgegeben. (Foto: AP)

Siedleraktivisten, Parlamentsabgeordnete und Minister der israelischen Regierung fordern eine jüdische Wiederbesiedlung des Gazastreifens. Aus Regierung und Opposition kommt Kritik an Zeitpunkt und Inhalt der Forderung. 
 
Jerusalem. Eine Jerusalemer Konferenz zur Wiedererrichtung jüdischer Siedlungen im Gazastreifen hat für Kritik gesorgt. Die Teilnehmer der Konferenz, darunter Minister und Abgeordnete der israelischen Regierung einschließlich der Likud-Partei von Regierungschef Benjamin Netanjahu, verschärften die Spaltungen der Gesellschaft, sagte der Minister im Kriegskabinett und frühere Generalstabschef Gadi Eisenkot laut israelischen Medienberichten (Montag). 
 
Die Teilnehmer hätten "nichts aus den Ereignissen des letzten Jahres gelernt", in dem massive Proteste gegen die geplante Justizreform der Regierung das Land bis zum Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober über Monate spalteten. Sie hätten nicht verstanden, wie wichtig es sei, an einem nationalen Konsens und der Solidarität in der israelischen Gesellschaft zu arbeiten, so Eisenkot. 
 
Oppositionsführer Jair Lapid (Jesch Atid) bezeichnete die Konferenz laut der Zeitung "Haaretz" als "Schande für Netanjahu und die Partei, die einst im Zentrum des nationalen Lagers stand". Mit der Veranstaltung habe die Regierung "einen neuen Tiefpunkt erreicht". Gleichzeitig warnte Lapid vor einem internationalen Schaden für Israel und einer Gefährdung israelischer Soldaten. 
 
Bildungsminister Joav Kisch (Likud) kritisierte gegenüber dem Armeeradio den Zeitpunkt der Veranstaltung. Es sei nicht der richtige Moment, sondern jetzt müsse der Diskurs "auf die Einheit für unsere Truppen" konzentriert werden. 
 
Berichten der Zeitung "Times of Israel" (Montag) zufolge versprachen insgesamt 12 Minister und 15 Abgeordnete der Koalition bei der Veranstaltung, sich nach Ende des Kriegs für einen Wiederaufbau jüdisch-israelischer Siedlungen im Gazastreifen und eine Abwanderung der palästinensischen Bevölkerung einzusetzen. 2005 hatte Israel seine 21 Siedlungen im Gazastreifen geräumt. 
 
Zu den Rednern gehörten laut Berichten auch der rechtsextreme Finanzminister Bezalel Smotrich (Religiöser Zionismus) und der rechtsextreme Minister für Nationale Sicherheit Itamar Ben-Gvir (Jüdische Stärke). Sie unterzeichneten zusammen mit sechs Abgeordneten einen sogenannten "Pakt für den Sieg und die Erneuerung der Siedlungen", in dem sich die Unterzeichner verpflichten, "jüdische Siedlungen voller Leben" im Gazastreifen zu errichten. Kommunikationsminister Schlomo Karhi (Likud) sprach im Blick auf eine freiwillige palästinensische Abwanderung davon, "dass 'Freiwilligkeit' im Krieg manchmal ein Zustand ist, den man [jemandem] aufzwingt, bis er seine Zustimmung gibt". 
 
Organisiert hatten die Konferenz jüdische Siedlungsaktivisten zusammen mit Vertretern des israelischen Siedlerregionalrats Samaria und dessen Vorsitzenden Jossi Dagan. In sozialen Medien verbreitete Aufnahmen von der Veranstaltung zeigten eine fröhlich feiernde und tanzende Menge, was für zusätzliche Kritik sorgte in einer Zeit, in der der Krieg im Gazastreifen seit 114 Tagen anhält und weiterhin 136 Geiseln im Gazastreifen festgehalten werden. (KNA)