Israel: Größtes Hamas-Tunnelsystem freigelegt - Die Ereignisse im Überblick

Schmugglertunnel an der Grenze zwischen Ägypten und dem Gazastreifen (Archivbild von 2012)
Schmugglertunnel an der Grenze zwischen Ägypten und dem Gazastreifen (Archivbild von 2012) (Foto: Patrick Baz/AFP)

Die Gänge gelten den Streitkräften als «Terror-Stadt im Untergrund»:  Soldaten haben das größte Tunnelsystem in Gaza ausgehoben. Wegen der vielen Kriegsopfer will der US-Verteidigungsminister die Israelis zur Mäßigung drängen. Überblick über die Nacht und Ausblick auf den Tag. 
 
Tel Aviv/Gaza. Bei ihrem Militäreinsatz im Gazastreifen haben die israelischen Streitkräfte eigenen Angaben zufolge das größte Tunnelsystem der islamistischen Hamas freigelegt. Die Anlage sei mehr als vier Kilometer lang, rund 50 Meter tief und liege in der Nähe des Grenzübergangs Erez zwischen Israel und dem abgeriegelten Küstengebiet, teilte das Militär am Sonntag mit. Medienberichten zufolge endet die rund drei Meter breite Tunnelroute in Dschabalia. Das Flüchtlingsviertel im Norden des Gazastreifens gilt als Hamas-Hochburg. 
 
Unterdessen begann US-Verteidigungsminister Lloyd Austin eine mehrtägige Reise in die Region. Am Sonntag besuchte er zunächst Kuwait und Bahrain, um die militärische Lage im Nahen Osten zu erörtern, wie es aus dem Ministerium in Washington hieß. Dabei sollte es auch um die Bildung multilateraler Koalitionen gehen, um auf «Aggressionen auf See» zu reagieren, die die Schifffahrt und die Weltwirtschaft bedrohten. Die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen im Jemen greifen Israel seit Ausbruch des Gaza-Krieges immer wieder mit Drohnen und Raketen an und attackieren Schiffe im Roten Meer. 
 
Auslöser des Gaza-Kriegs war das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels, das Terroristen der Hamas sowie anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober in Israel verübt hatten. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und begann Ende Oktober mit einer Bodenoffensive. 

Tunnelanlage der Hamas sogar für Fahrzeuge ausgelegt: Das riesige Tunnelsystem der Hamas unter dem Gazastreifen ist nach  Einschätzung der israelischen Streitkräfte auch darauf ausgelegt, Angriffe auf Israel zu starten. Die Anlage sei groß genug, dass Fahrzeuge sie passieren könnten. Sie soll demnach aus Stahlbeton gebaut und mit Stromversorgung, Belüftungs- und Abwassersystemen und Kommunikationsnetzen ausgestattet sein. Soldaten hätten auch Waffen in den Tunneln gefunden. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig prüfen. Die Islamistenorganisation hat nach Angaben des israelischen Militärs  «enorme Mengen an Geld und Ressourcen in terroristische Tunnel investiert». 

Armeesprecher Daniel Hagari sprach von «Millionen Dollar», die in die «terroristische Stadt im Untergrund» geflossen seien. Es gibt laut Israels Militär keine Hinweise darauf, dass einer der unterirdischen Gänge auf israelisches Gebiet führe. 
 
WHO entsetzt über Zerstörung eines Krankenhauses im Gazastreifen 
 
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warf Israel vor, ein Krankenhaus im Norden des Gazastreifens zerstört zu haben. «Die WHO ist entsetzt über die wirksame Zerstörung des Kamal-Adwan-Krankenhauses im Norden von Gaza in den letzten Tagen, die es funktionsunfähig machte und zum Tod von mindestens acht Patienten führte», schrieb WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus am Sonntagabend auf der Plattform X, vormals Twitter. Die Patienten, darunter ein neunjähriges Kind, seien wegen unzureichender medizinischer Versorgung gestorben. Israel wies die Kritik zurück. 
 
Die Ständige Vertretung Israels bei den Vereinten Nationen in Genf warf Tedros auf X vor, nicht zu erwähnen, dass sich die islamistische Hamas im Kamal-Adwan-Krankenhaus eingenistet habe. Bevor die israelische Armee das Gelände betreten habe, sei in Abstimmung mit den medizinischen Teams ein Dialog geführt worden. Die Armee habe ein humanitäres Zeitfenster zugelassen, und der größte Teil des Krankenhauses sei evakuiert worden. Auf dem Gebiet seien 90 Terroristen festgenommen worden. «Israel zerstörte auch die Infrastruktur der Terroristen und fand zahlreiche Waffen und Geheimdienstdokumente, die unter anderem in der Säuglingsstation in den Brutkästen versteckt waren.» 
 
Deutsche Hamasgeisel spricht im US-Fernsehen über Gefangenschaft 
 
In der Gefangenschaft der Terrororganisation Hamas haben laut Angaben einer befreiten deutsch-israelischen Geisel vor allem Frauen besondere Ängste durchzustehen. «Als Frau hast du nie die Angst ganz aus dem Kopf bekommen, vergewaltigt oder Teil einer Reihe von Taten zu werden, niemals», sagte Yarden Romann in einem Interview dem US-Sender CBS. «Es ist einfach keine Option, weil du so lange du da bist, hoffnungslos bist. Du hast keinen Schutz, du kannst nie widersprechen, es könnte dich dein Leben kosten», sagte Romann in einem am Sonntag bei der Plattform X vorab veröffentlichten Ausschnitt der Sendung «60 Minutes». Die Angst sei nicht immer extrem gewesen, aber nie verschwunden, sagte sie. Romann war Ende November von der Hamas im Rahmen eines Abkommens mit der israelischen Regierung freigelassen worden. 
  
Anbieter: Kommunikationsdienste in Gaza werden wiederhergestellt 
 
Die Telekommunikationsdienste in den südlichen und zentralen Gebieten des umkämpften Gazastreifens werden nach mehrtägigem Ausfall nach Angaben des Anbieters derzeit schrittweise wiederhergestellt. Auch an der Wiederherstellung der Dienste in der Stadt Gaza und im Norden des palästinensischen Küstengebiets werde gearbeitet, teilte das im Westjordanland ansässige Unternehmen Paltel am Sonntag auf der Plattform X mit. Die Kommunikations- und Internetdienste waren am Donnerstag ausgefallen. 

Was am Montag wichtig wird: US-Verteidigungsminister Lloyd Austin will an diesem Montag Israel besuchen. Es werde erwartet, dass er mit der dortigen Militärführung auch über ein Zurückfahren der intensiven Bodenoperationen und der Luftangriffe im Gazastreifen sprechen wird, hieß es zuvor aus dem Ministerium. Die «New York Times» berichtete unter Berufung auf Militärkreise, dass Austin dazu auch Gespräche mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Joav Gallant führen werde. (dpa)