Menschenrechtler: Bundesregierung tötet in Gaza mit

Der ägyptische Menschenrechtler Hossam Bahgat
Der ägyptische Menschenrechtler Hossam Bahgat (Foto: picture-alliance/AP Photo/Sarah Rafea)

München. Der ägyptische Menschenrechtler Hossam Bahgat macht der Bundesregierung schwere Vorwürfe wegen einer israelfreundlichen Haltung zum Leid der Palästinenser im Gazastreifen. "Wir haben noch nie so ein Ausmaß an Zerstörung und zivilen Opfern gesehen. Es ist die größte Anzahl von Kindern, die in einem bewaffneten Konflikt dieser Länge getötet wurden", sagte Bahgat der "Süddeutschen Zeitung" (Dienstag). Regierungen, die nicht dagegenhandelten, begingen "direkte Mittäterschaft".

Die Bundesregierung habe durch ihre Enthaltung bei den Vereinten Nationen die Forderung nach einem Waffenstillstand nicht nur geschwächt, sondern auf EU-Ebene sogar blockiert. "Sie greift sogar proaktiv ein, um sicherzustellen, dass das Töten nicht aufhört, wenn man weiß, dass die Blockade besteht, dass die Menschen hungern, dass das Trinkwasser knapp wird." So hätten sich die deutschen Waffenexporte nach Israel 2023 im Vergleich zum Vorjahr verzehnfacht, sagte Bahgat unter Berufung auf Medienberichte. "Über 80 Prozent dieser Exporte wurden nach dem 7. Oktober genehmigt", dem Tag des Überfalls der Hamas.

Die Verhinderung eines EU-Aufrufs für einen Waffenstillstand sei für ihn Anlass gewesen, die Nominierung für den deutsch-französischen Menschenrechtspreis abzulehnen, betonte der Gründer der "Egyptian Initiative for Personal Rights", die sich in Ägypten für persönliche Freiheit und politische Gefangene einsetzt. Seine Organisation nehme auch kein Geld mehr von Deutschland an. Über die "feministische Außenpolitik" von Ministerin Annalena Baerbock (Grüne) könnten viele seiner Freunde nur noch lachen.

Enttäuscht zeigte sich Bahgat zudem über das Vorgehen der deutschen Behörden gegenüber propalästinensischen Protesten. "Wir waren sehr besorgt über das, was in Deutschland geschah, nämlich das pauschale Verbot von Demonstrationen, wenn sie propalästinensisch waren, und die Bilder von Gewalt, auch von Schlägen und Verhaftungen von Demonstranten."

Zu der Zeit vor dem Angriff der Hamas betonte Bahgat, 2022 sei das schlimmste Jahr hinsichtlich der Angriffe israelisch-jüdischer Siedler auf palästinensische Zivilisten im Westjordanland gewesen, manchmal auch zusammen mit der israelischen Armee. "Selbst dieser Rekord wurde in diesem Jahr deutlich gebrochen." Israelische Siedler, die palästinensische Kinder töteten, würden aber nie als Terroristen bezeichnet, "obwohl dies eine klassische Definition von Terrorismus ist". (KNA)