Deutsche Islamkonferenz tagt im Schatten des Nahostkriegs

Symbolbild Deutsche Islamkonferenz
Innenministerin Faeser muss entscheiden: Wie geht es weiter mit der Deutschen Islam Konferenz? (Foto: picture-alliance/dpa/S. Gollnow)

Der Nahostkrieg und seine Auswirkungen auf Deutschland beschäftigt auch die Deutsche Islamkonferenz. Seit 2006 ist sie die zentrale Plattform für den Dialog zwischen Muslimen und dem Staat. Diese Woche tagt sie erneut.

Berlin. Seit Beginn des Nahostkriegs ist der öffentliche Blick auf den Islam in Deutschland skeptischer geworden. Jubelnde Hamas-Unterstützer, Hetze gegen Juden, Rufe von Islamisten nach einem "Kalifat" auf deutschem Boden steigern das Misstrauen, auch angesichts Hunderttausender Migranten aus muslimischen Ländern. Der kritische Austausch zwischen Muslimen und Mehrheitsgesellschaft war vielleicht nie wichtiger als in diesen Tagen.

Das betrifft auch die Deutsche Islamkonferenz (DIK), das zentrale Forum für den Dialog zwischen Staat und Muslimen, bei ihrer diesjährigen Fachtagung am Dienstag und Mittwoch in Berlin. Ihr Motto: "Sozialer Frieden und demokratischer Zusammenhalt: Bekämpfung von Antisemitismus und Muslimfeindlichkeit in Zeiten gesellschaftlicher Spaltung". Das Treffen soll neue Impulse für eine "vielfältige und tolerante Gesellschaft" geben, wie das Bundesinnenministerium (BMI) als Gastgeber ankündigte. Neben Ministerin Nancy Faeser (SPD) spricht dazu auch Altbundespräsident Christian Wulff, der 2010 mit dem Satz "Der Islam gehört zu Deutschland" teils hitzigen Widerspruch ausgelöst hatte.

Eingeladen sind neben muslimischen Vertreterinnen und Vertretern auch Akteure aus dem jüdischen Leben, aus Politik, Kirchen, Zivilgesellschaft und Wissenschaft. Allerdings sitzen diesmal bei den drei Diskussionspodien zu Muslimfeindlichkeit, Antisemitismus und "religionsgruppenbezogener Menschenfeindlichkeit" vor allem Diskutanten aus Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft auf der Bühne, keine Vertreter der großen konservativen Islamverbände wie Ditib, Islamrat oder Zentralrat der Muslime.

Als Träger der meisten Moscheen repräsentieren sie das eigentliche muslimisch-religiöse Leben im Land und spielten deshalb seit Gründung der DIK 2006 eine führende Rolle als Ansprechpartner des Staates bei der Integration. Wegen ihrer dürftigen Distanzierung vom Terror der Hamas standen sie zuletzt unter scharfer Kritik. Das BMI lud im Oktober eigens führende Verbandsvertreter zum Gespräch und drängte sie zu einer gemeinsamen Erklärung gegen die Hamas-Gräuel.

Zudem haben maßgebliche Verbände mindestens eine ideologische Nähe zum politischen Islam und werden aus dem Ausland gesteuert. So untersteht die Ditib mit ihren fast 1.000 Gemeinden der Religionsbehörde in Ankara, ihre Imame sind türkische Staatsbeamte. Liberale Muslime wie der DIK-Teilnehmer und Extremismusexperte Ahmad Mansour sehen die Verbände eher als aktive Verhinderer von Integration, denen es lediglich um eine Gleichstellung mit den Kirchen geht. Erst am Freitag, kurz nach einer bundesweiten Razzia gegen schiitisch-islamistische Vereine, sorgte der Auftritt eines Taliban-Funktionärs in Räumen der Ditib in Köln für Wirbel. Faeser forderte Aufklärung; der Verband will von nichts gewusst haben.

Den "Expertenkreis Politischer Islamismus" ihres Amtsvorgängers löste Faeser indes schon 2022 auf. Bei der DIK-Tagung vor einem Jahr betonte sie, der Extremismus sei nicht Sache der Konferenz, sondern der Sicherheitsbehörden. Schon damals setzte sie den Kampf gegen Muslimfeindlichkeit ganz oben auf die DIK-Agenda. Der Bericht eines "Unabhängigen Expertenkreises Muslimfeindlichkeit" im Auftrag des BMI schien ihr im vergangenen Juni Recht zu geben: Musliminnen und Muslime litten in Deutschland unter weit verbreiteter Diskriminierung, hieß es darin. Methodik und Inhalt der 400-Seiten-Studie stießen aber auch auf Widerstand: Nicht jede Kritik am Islam sei diskriminierend, erst recht nicht in einer säkularen Gesellschaft.

Seit 2006 hat die Deutsche Islamkonferenz viel auf den Weg gebracht. Seminare für islamische Theologie an deutschen Universitäten zur Ausbildung von Moscheepersonal oder Initiativen für den Religionsunterricht an Schulen waren Meilensteine für einen Islam, der in Deutschland verortet ist. 2023 endet das DIK-Förderprogramm "Moscheen für Integration" zur besseren Vernetzung muslimischer Gemeinden mit Kommunen und Mehrheitsgesellschaft. Spannend ist, ob Faeser am Dienstag ähnlich konkrete Schritte vorstellen wird. (KNA)