"Lex Netanjahu": Gesetz zu Amtsenthebung kommt vor oberstes israelisches Gericht

Das oberste israelische Gericht in Jerusalem wird sich am Donnerstag mit einer im März verabschiedeten Grundgesetzänderung zur Amtsenthebung eines Ministerpräsidenten befassen. Mehrere Petitionen hatten das Gericht aufgefordert, das Gesetz für ungültig zu erklären, wie israelische Medien am Donnerstag berichteten. Es sieht vor, dass eine Amtsenthebung nur aus medizinischen Gründen und mit der Zustimmung einer Dreiviertelmehrheit des Kabinetts erfolgen kann.

Bei Protesten von Gegnern der Justizreform in der Nähe der Jerusalemer Residenz Netanjahus kam es am Donnerstagmorgen zu vier Festnahmen. Demonstranten hatten sich nach Angaben der israelischen Polizei geweigert, den polizeilichen Anweisungen Folge zu leisten und den angeordneten Abstand zu Netanjahus Wohnsitz einzuhalten. Die Kundgebung sei daraufhin verboten worden.

Die Antragsteller, darunter die "Bewegung für Regierungsqualität in Israel", argumentierten, dass das Gesetz darauf ausgelegt sei, die rechtliche Position von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zu verbessern. Das Gesetz schütze Netanjahu davor, wegen Interessenkonflikten im Zusammenhang mit seinem laufenden Prozess und dem von ihm und seiner Regierung vorangetriebenen Gesetz zur Überarbeitung der Justiz für befangen und damit für amtsunfähig erklärt zu werden.

Die Anwälte Netanjahus hatten in der vergangenen Woche vor dem Gericht erklärt, das Gesetz diene der Verteidigung des demokratischen Grundsatzes, dass nur die Wähler über ihre politische Führung bestimmen.

Der israelische Justizminister Jariv Levin hatte laut Berichten erklärt, die Anhörung sei "de facto eine Diskussion darüber, ob die Wahlergebnisse annulliert werden sollen". Eine Aufhebung oder Verzögerung des Gesetzes käme einer Auslöschung der israelischen Demokratie gleich.

Im Juli hatte die israelische Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara das Gesetz als missbräuchlich erklärt und seine Aufhebung gefordert. Beobachter halten es für wahrscheinlich, dass das Gericht empfehlen wird, die Umsetzung des Gesetzes bis zum Amtsantritt des nächsten Parlaments zu verschieben. Die Anhörung des Gerichts wird laut Medienberichten mehrere Stunden dauern. Mit einem Urteil wird im Januar gerechnet. (KNA)