NATO gewährt dem Irak Hilfe

Auf dem NATO-Gipfeltreffen in Istanbul wurde ein erster Beschluss gefasst: Wie erwartet, gab es eine Zusage an die irakische Übergangsregierung, bei der Ausbildung von Soldaten und Sicherheitskräften zu helfen.

NATO-Gipfel in Istanbul, Foto: AP
NATO-Gipfel in Istanbul

​​Die NATO diskutiert unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen die Lage im Irak und das Engagement der Allianz in Afghanistan. Kurz nach Beginn des Gipfels wurde bekannt, dass der US-Zivilverwalter Paul Bremer die Macht in Bagdad bereits an den neuen Ministerpräsidenten Allawi übergeben hatte - zwei Tage früher als geplant. US-Präsident Bush hatte diesen überraschenden Schritt der Allianz in Istanbul kurz zuvor angekündigt.

Mit dem Vorziehen der Machtübergabe sollte wohl unter anderem eine weitere Eskalation der Gewalt im Irak verhindert werden. In den letzten Tagen war es verstärkt zu Anschlägen und Geiselnahmen gekommen. Mit der Bekanntgabe dieses Schrittes in Istanbul wird auch erneut ein Schlaglicht auf die Rolle der NATO im Irak geworfen.

"Wir wenden uns an alle Mitglieder der NATO", appellierte Iraks Außenminister Hoschja Sebari an die Staats- und Regierungschefs. "Wir bitten Sie, den Irak ernster zu nehmen. Das ist nicht nur ein lokales Problem. Es hat Auswirkungen auf die Region und sogar auf die internationale Ebene."

Deutschland bleibt weiter zurückhaltend

Die Staats- und Regierungschefs beantworteten eine Anfrage der Übergangsregierung in Bagdad nach Ausbildung von Sicherheitskräften positiv. Umstritten ist aber, wo diese Ausbildung stattfinden soll, innerhalb oder außerhalb des Iraks. Bereits heute bilden einzelne NATO-Staaten Sicherheitskräfte aus.

Bundeskanzler Gerhard Schröder sagte auf einer Diskussionsveranstaltung vor Beginn des Gipfels an die Adresse der Besatzungsmächte USA und Großbritannien, dass es nicht genüge, Kriege zu gewinnen, man müsse auch den Frieden im Irak gewinnen.

Die deutsche Position habe sich nicht geändert. "Deutschland hat immer gesagt, es sei zurückhaltend", so der Bundeskanzler. "Wir sehen nicht recht, welchen Sicherheitszuwachs es bringen könnte, wenn die NATO im Irak intervenierte. Der Kompromiss, der sich andeutet, dass die NATO bereit ist, Ausbildungskapazitäten zur Verfügung zu stellen, den wird Deutschland nicht aufhalten, aber wir werden keine Soldaten in den Irak schicken."

Die USA hatten eigentlich erwartet, dass die NATO eigene Truppen in den Irak entsendet, hatte aber ihr Drängen eingestellt, nachdem klar war, dass Deutschland und Frankreich nicht mitziehen würden.

Eine Enttäuschung sei das, hieß es aus Washington, nachdem die USA den Europäern bei der Formulierung der UN-Resolution zur Machtübergabe im Irak doch weit entgegen gekommen waren. Der amerikanische NATO-Botschafter Nicolas Burns sagte, das, was die NATO jetzt leiste, könne nur der Anfang sein. Deutsche Regierungskreise spielten die Bedeutung der Machtübergabe parallel zum NATO-Gipfel herunter.

Transformationsprozess bei der NATO

Jaap de Hoop Scheffer, der NATO-Generalsekretär, ging in seiner Eröffungsansprache nicht direkt auf das Thema Irak ein. Er sagte, die NATO unterwerfe sich im Moment einem großen Transformationsprozess, damit sie künftig in der Lage sei, weltweit Missionen wie in Afghanistan abzusichern.

"Es liegt auf der Hand, dass wir noch viel tun müssen, um die Arbeit abzuschließen, die notwendig ist für die Anpassung unserer Allianz an die Sicherheitsumgebung des 21. Jahrhunderts", so der NATO-Generalsekretär. Scheffer kündigte an, dass die NATO-Staaten die Länder am Persischen Golf und rund ums Mittelmehr zu verstärkter Zusammenarbeit einladen würden.

Man wolle als NATO den arabischen Staaten nichts aufdrängen. Die zunächst geplante Nahost-Mittelost-Initiative der USA wurde deutlich abgespeckt, weil Sondierungen in der Region ergaben, dass die Staaten kein Interesse an verstärkter Zusammenarbeit hatten.

"Wir werden die vitale transatlantische Verbindung verstärken", so Scheffer über die Ziele der NATO. "Wir werden unsere Partnerschaft mit den Staaten Europas und Zentralasiens ausbauen. Wir werden neue Brücken bauen zu den Staaten am Mittelmeer und zum Mittleren Osten."

Bernd Riegert, z.Zt. Istanbul

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