Salafismus-Experte fordert mehr Hilfe für aussteigewillige Syrien-Rückkehrer

Für Aussteiger aus der radikalen Islamistenszene gibt es nach Ansicht des Osnabrücker Salafismus-Experten Michael Kiefer zu wenige staatliche Hilfen. Bei den aus Syrien zurückkehrenden Kämpfern müssten Polizei und Verfassungsschutz schnell und umfassend klären, ob sie weiterhin gewaltbereit seien, forderte der Islamwissenschaftler am Donnerstag im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Bei den meisten Rückkehrern handele es sich jedoch um traumatisierte junge Männer, die bei der Wiedereingliederung in die Gesellschaft unterstützt werden müssten.

Dabei könnten Beratungsstellen helfen, die aber in vielen Bundesländern noch im Aufbau seien, ergänzte Kiefer. «Unser Problem ist: Es gibt viele Rückkehrer, aber wenig Ressourcen. Wenn man sich aber um die Ausstiegswilligen nicht kümmert, ist die Rückfallgefahr groß.» In Nordrhein-Westfalen bestehen nach den Worten des Fachmanns bisher drei solcher Einrichtungen, drei weitere sollten demnächst öffnen. In Hessen arbeite eine zentrale Beratungsstelle. In Niedersachsen nehme die erste Präventionsstelle im März ihre Arbeit auf.

Die Beratungsstellen hätten sich bislang auf Prävention konzentriert, sagte der Islamwissenschaftler. Sozialarbeiter hätten im besten Fall Erfahrungen als Streetworker. «Das ist auch für die Fachkräfte ein learning by doing.» Noch schwieriger werde es, wenn die Rückkehrer straffällig geworden seien und in Gefängnissen landeten. Dort sei die Gefahr besonders hoch, dass sie sich erneut radikalisierten.

Kiefer wies darauf hin, dass die wahren Motive der Rückkehrer nicht leicht zu erkennen seien. Das zeige auch der Fall des Wolfsburgers Ayoub B., der in der vergangenen Woche festgenommen wurde. Der Generalbundesanwalt wirft ihm die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland vor. Er hatte noch während der Festnahme einen dschihadistischen Gruß gezeigt. Dennoch hatten die Eltern in einem offenen Brief beteuert, ihr Sohn sei aus der Salafistenszene ausgestiegen und werde als Verräter verfolgt und bedroht.

Sollte sich die Darstellung der Familie bestätigen, müsse das Aussteigerprogramm von Polizei und Verfassungsschutz greifen, das auch bei Aussteigern aus der rechten Szene angewendet werde, erklärte der Islamforscher: «Wer wirklich an Leib und Leben bedroht wird, benötigt polizeilichen Schutz und eine neue Identität.» (Martina Schwager/epd)