EU warnt vor Gefährdung des demokratischen Dialogs in der Türkei

Angesichts der Eskalation der Gewalt in der Türkei hat die EU "sehr besorgt" reagiert und von Ankara gefordert, den demokratischen Prozess in dem Land nicht zu gefährden. Angriffe gegen die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) müssten "verhältnismäßig" sein und dürften "auf keinen Fall den demokratischen politischen Dialog" gefährden, erklärte EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn am Dienstag. PKK-Rebellen töteten unterdessen offenbar erneut drei türkische Soldaten.

Bei einem Gespräch mit dem türkischen Europaminister Volkan Bozkir sagte Hahn, die EU erkenne das Recht der Türkei an, "auf jede Form von Terrorismus zu reagieren". Der EU-Kommissar brachte laut einer Erklärung seines Büros aber "die große Sorge der EU" angesichts der jüngsten Entwicklungen zum Ausdruck, die "eine negative Auswirkung auf den Friedensprozess zwischen den Kurden und der Türkei" hätten.

Auch die USA mahnten eine Deeskalation an. In Washington sagte Außenamtssprecher Mark Toner, die PKK solle auf Gewalt verzichten und wieder Gespräche mit der türkischen Regierung aufnehmen. Zugleich forderte er wie die EU von Ankara, "verhältnismäßig" in dem Konflikt zu reagieren.

Die PKK und die Türkei hatten ihren 2013 geschlossenen Waffenstillstand nach einem Anschlag auf ein prokurdisches Treffen mit 32 Toten aufgekündigt. Seitdem fliegt die Türkei täglich Luftangriffe gegen Stellungen der PKK-Rebellen im Nordirak und in der Türkei. Die PKK wiederum verübt fast täglich Anschläge gegen Polizisten und Soldaten in der Türkei.

Am Dienstagmorgen gab es erneut einen Sprengstoffanschlag auf einen Militärkonvoi im Südosten der Türkei. Dabei wurden zwei Soldaten getötet, wie die türkische Armee mitteilte. Ein weiterer Soldat und ein Mitglied der paramilitärischen Dorfwache wurden der Armee zufolge verletzt. Laut türkischen Sicherheitskreisen hatten PKK-Kämpfer eine Mine unter einem Militärkonvoi in Araköy in der Provinz Sirnak ferngezündet und sich anschließend Gefechte mit den Soldaten geliefert. Bei einer weiteren Attacke kurdischer Kämpfer wurde in der Region später ein weiterer Soldat getötet. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen feuerten die Angreifer Raketen auf gepanzerte Militärfahrzeuge.

Nach einer AFP-Zählung wurden seit der Eskalation der Gewalt zwischen dem türkischen Staat und der PKK insgesamt mindestens 20 Polizisten oder Soldaten bei mutmaßlichen PKK-Angriffen getötet. Die türkische Armee wiederum tötete nach eigenen Angaben mehr als 260 PKK-Kämpfer bei ihren Angriffen.

Am Dienstag bombardierten türkische Kampfjets PKK-Stellungen im Bezirk Daglica im Süden des Landes. Die Angriffe waren offenbar eine Reaktion auf einen Granatenangriff in der Region, bei dem ein Mädchen leicht verletzt worden war, wie die Nachrichtenagentur Dogan berichtete.

Die kurdische Oppositionspartei HDP, die sich gegen Gewalt von beiden Seiten wendet, wirft der Regierung in Ankara vor, sich durch das Schüren des Konflikts eine bessere Ausgangsposition im Falle von vorgezogenen Neuwahlen verschaffen zu wollen. Bei den Wahlen im Juni hatte die regierende islamisch-konservative AKP ihre absolute Mehrheit verloren. Bisher kam noch keine Koalition zustande. Die türkische Justiz wiederum leitete kürzlich Ermittlungen gegen die HDP-Führungsspitze wegen angeblicher Unterstützung kurdischer Rebellen ein. Die HDP hatte mit 13 Prozent den Einzug ins türkische Parlament geschafft. (AFP)

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