Präsident des Europaparlaments warnt vor Generalverdacht gegen Muslime

Der Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz (SPD), warnt davor, Muslime unter Generalverdacht zu stellen. Damit betreibe man ein Geschäft im Interesse der Terroristen, sagte Schulz am Montag im Deutschlandfunk. Ein Grund für die Radikalisierung sei der gesellschaftliche Ausschluss. Man müsse es schaffen, Menschen muslimischen Glaubens als Bestandteil der Gesellschaft zu sehen, und begreifen, dass 99 Prozent der Muslime die Terrormiliz IS als Monster sähen.

Um die Radikalisierung junger Menschen zu verhindern, müsse man zudem die Jugendarbeitslosigkeit stärker bekämpfen, forderte Schulz: Wenn man diese «Geißel unserer Zeit» besser angehe, schränke man auch das Operationsfeld der Terroristen ein. Hier gebe es in allen EU-Ländern Handlungsbedarf: «Ich werde nicht müde, zu betonen, dass wir da mehr investieren müssen.»

Zudem forderte der EU-Parlamentspräsident die Europäer nach den Anschlägen in Paris dazu auf, zusammenzurücken. Die Europäer dürften sich nicht spalten lassen, sagte Schulz am Freitag auf einer Wirtschaftskonferenz. Er warnte eindringlich davor, das Flüchtlingsproblem mit dem Kampf gegen den Terror zu vermengen: «Wir dürfen auch nicht wegen der Terroranschläge ... unsere humanitären Grundlagen infrage stellen.» Anschläge zu instrumentalisieren, um die Flüchtlingspolitik zu ändern, sei beschämend. «Die Flüchtlinge fliehen vor dem Terror der gleichen Leute, die uns in Paris angegriffen haben», sagte Schulz und bezeichnete die Attentäter als «Islamo-Faschisten».

Der europäischen Flüchtlingspolitik stellte er ein vernichtendes Zeugnis aus. In Europa und bei den Gipfeln der EU-Spitzen regierten mehr und mehr «Erbsenzählerei» und die Strategie der «Maximierung des nationalen Vorteils». Besonders beschämend sei, dass oft Beschlüsse und finanzielle Zusagen in Verbindung mit Flüchtlingen, die die EU-Staats- und Regierungschefs selbst getroffen hätten, kaum eingehalten würden. Das gelte zum Beispiel für die Verteilung von 160.000 Flüchtlingen in Europa. «Da stellt sich die Frage nach unserer Glaubwürdigkeit», sagte Schulz. Er warnte vor einem Flächenbrand, der das gemeinsame Europa bedrohen könnte.

«Wir haben es mit einem Problem zu tun, das man kommen sehen konnte», sagte der Sozialdemokrat. Noch nie aber sei Europa so unvorbereitet gewesen. Aber auch die USA und die Golfstaaten seien gefordert. «Die Flüchtlingskrise ist eine epochale Aufgabe», sagte Schulz. (KNA/Reuters)