Muslime beklagen nach Köln «neue Dimension des Hasses»

Der Zentralrat der Muslime beklagt nach den Übergriffen auf Frauen in der Silvesternacht eine zunehmende Hetze und Islamfeindlichkeit. «Wir erleben eine neue Dimension des Hasses», sagte der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, dem Kölner Stadt-Anzeiger (Montag).

Seit Jahresbeginn habe die Zahl der Anfeindungen und Drohungen gegen den Verband zugenommen. Allein am vergangenen Donnerstag so massiv zugenommen, dass man inzwischen die Telefonanlage habe abstellen müssen. Dazu gebe es Hetze im Internet.

«Der braune Mob tobt in den sozialen Medien, sieht seine Vorurteile bestätigt und endlich die Chance, seinen Hass auf Muslime, Ausländer, Andersaussehende und Andersdenkende freien Lauf zu lassen», sagte Mazyek. Rassistische und antimuslimische Haltungen nähmen seit einer ganzen Weile zu. Ereignisse wie in Köln fachten die Islamfeindlichkeit weiter an, weil Muslime dann unter Generalverdacht gestellt würden. Sein Verband wolle den zunehmenden Ressentiments mit Aufklärung und Besonnenheit entgegentreten. Im Islam sei es eine große Sünde, Frauen zu belästigen oder gar zu vergewaltigen.

Gleichzeitig warnte Mazyek nach den Geschehnissen der Silvesternacht in Köln davor, Muslime unter Generalverdacht zu stellen. «Wir machen einen Riesenfehler, wenn wir versuchen, einen Kontext zur Religion oder zur Herkunft herzustellen. Da ist ein Rudel von alkoholisierten Männern, offenkundig auch mit Migrationshintergrund, die eine schwere Straftat - wenn sie das denn gemacht haben - begangen haben», sagte Mazyek der «Welt» (Donnerstagsausgabe).

Man müsse jetzt aufpassen, «dass wir nicht skandalisieren und hysterisieren und die Faktenlage nicht betrachten», so der Zentralratsvorsitzende weiter. Dieser Kontext zur Herkunft sei «hochgefährlich». Es nutze gerade «Pegidisten und anderen», immer diesen Zusammenhang herzustellen. Recht und Gesetz fragten aber nicht nach der Herkunft, sondern nach der Straftat, die erst einmal bewiesen werden müsse.

«Es gibt keinen Rabatt für irgendwelche Herkünfte oder Kulturen. Es gilt unser Gesetz, und danach muss gegangen werden», sagte Mazyek. Wenn Menschen kriminelle Energien hätten oder Straftaten begangen hätten, müssten sie bestraft werden. «Schluss, aus, Ende.»

Nach den Übergriffen in Köln in der Silvesternacht hatte der Zentralrat der Muslime die Polizei aufgefordert, mehr Menschen mit Migrationshintergrund einzustellen. Der Vorsitzende Aiman Mazyek sagte der in Düsseldorf erscheinenden «Rheinischen Post» (Donnerstagsausgabe): «So können wir ein noch stärkeres Zeichen in Richtung wehrhafter Demokratie setzen» - ob gegenüber Rechtsextremisten oder «Sexisten mit Migrationshintergrund».

Zugleich nahm Mazyek die Polizei gegen Kritik in Schutz: «Ich finde es schäbig, jetzt auf die Polizei draufzuschlagen, die ohnehin notorisch, oft auch an Feiertagen, unterbesetzt ist, weil an der falschen Stelle Kosten eingespart werden.»

Gruppen junger Männer hatten in der Silvesternacht vor dem Kölner Hauptbahnhof offenbar gezielt Frauen sexuell bedrängt und bestohlen. Nach Polizeiangaben hatten sich zeitweise mehr als tausend überwiegend alkoholisierte Männer vor dem Bahnhof aufgehalten. Bundesinnenminister de Maizière hatte am Dienstagabend in den ARD-«Tagesthemen» das Verhalten der Polizei kritisiert. Zunächst sei der Vorplatz des Hauptbahnhofs geräumt worden «und später finden diese Ereignisse statt und man wartet auf Anzeigen», sagte er und fügte hinzu: «So kann Polizei nicht arbeiten.» (dpa/KNA/epd)

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