Großimam versteht die Angst von Deutschen vor dem Islam

Der Großimam und Scheich der al-Azhar-Universität in Kairo, Ahmad al-Tayyib, versteht die Angst vor dem Islam in Deutschland und Europa. Die Menschen hätten Sorgen wegen der Verbrechen, die im Namen des Islam begangen würden «und die sie auf den Bildschirmen sehen», sagte der Ägypter im Interview der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (Dienstag). Wer aber den Nahen Osten kenne, könne unterscheiden zwischen dem, was er sieht, und dem Islam als der Religion der Barmherzigkeit. «In Europa können die Menschen auf der Straße das nicht unterscheiden.»

Al-Tayyib sieht die Ägypter als friedliebend an, weil im Land alle vier sunnitischen Rechtsschulen gelebt und nebeneinander gelehrt würden. In jedem anderen muslimischen Land dominiere lediglich eine Rechtsschule. Der Islam der Wasatiyya, der Mäßigung und «dynamischen Mitte», erreiche die Menschen nicht. «Wir wollen dafür eine Lösung finden und brauchen dazu Mittel und die Kenntnis der modernen Kommunikationsmittel», erklärte der Großimam. «Mit ihnen erreichen wir jeden, so dass ein junger Mensch den wahren Islam verstehen kann.»

Der Wissenschaftler und Theologe erklärte weiter, dass die Terrormiliz «Islamischer Staat» (IS) nicht militärisch, sondern ideologisch bekämpft werden müsse. Die Universität Azhar und die islamischen Vereinigungen müssten rasch einen Fahrplan entwickeln, wie man diesen militanten Gruppierungen begegnen könne.

Al-Tayyib machte zudem deutlich, dass der Islam nicht stehen bleibe, wenn sich eine Gesellschaft verändere. Der Begriff «Euro-Islam» ist dem Großimam zufolge aber nicht sinnvoll. «Der Islam in Europa ist nicht anders als der in Ägypten. Islam ist Islam mit den fünf Säulen», erklärte er. Muslime können jedoch in einer Kultur leben, in der Menschen andere Bräuche hätten, und sie sich aneignen. «Das ist dann aber kein anderer Islam.» (KNA)