Jobmotor Migrantenunternehmen - Grüne fordern mehr Förderung von Flüchtlingen

Nicht nur Döner-Buden und China-Restaurants: Viele Zuwanderer in Deutschland werden laut einer Studie Unternehmer und schaffen dabei Hunderttausende Jobs. Experten mahnen eine bessere Förderung für diese Unternehmer an. Zuwanderer haben als Unternehmer in Deutschland mehr als eine Million Arbeitsplätze geschaffen. Zwischen 2005 und 2014 habe sich die Zahl der Jobs in Migrantenfirmen von 947.000 auf 1,3 Millionen erhöht, erklärte die Bertelsmann Stiftung am Donnerstag in Gütersloh bei der Vorstellung einer neuen Studie. Das sei ein Anstieg von 36 Prozent. Zugleich sei auch die Zahl der selbstständigen Unternehmer mit Migrationshintergrund von 567.000 im Jahr 2005 auf 709.000 im Jahr 2014 um ein Viertel gestiegen.
 
Unternehmer mit ausländischen Wurzeln seien ein Jobmotor für Deutschland, sagte der Vorstandsvorsitzende der Bertelsmann Stiftung, Aart De Geus. Zuwanderer arbeiteten nicht nur als Selbstständige, sondern würden auch Arbeitsplätze schaffen.
 
Die Studie bemängelt jedoch, dass das Potenzial von Migrantenunternehmen noch zu wenig gefördert werde. In den meisten Bundesländern könnten Behörden und Kammern die Nachfrage nach speziellen Beratungsangeboten für diese Unternehmen nicht bedienen. Auch seien Beratungsangebote von Kammern, Kommunen und Privatwirtschaft noch zu wenig verzahnt. Staat und Wirtschaft müssten noch besser zusammenarbeiten, um Migrantenunternehmern durch gezielte Förderung und Angebote den Sprung in eine erfolgreiche Selbstständigkeit zu ermöglichen, hieß es.
 
Das Profil der Migrantenunternehmen hat sich in den vergangenen Jahren laut der Studie verändert. So habe sich der Anteil der Unternehmer im Handel- oder Gastgewerbe verringert. Zugleich habe die Bedeutung anderer Branchen im Dienstleistungs- und produzierenden Gewerbe zugenommen. Fast die Hälfte der Selbstständigen mit Migrationshintergrund (48 Prozent) arbeiteten mittlerweile im Dienstleistungsbereich außerhalb von Handel und Gastronomie. Der Anteil von Selbstständigen im Handel und Gastgewerbe ging innerhalb von zehn Jahren von 38 Prozent auf 28 Prozent zurück.
 
Spitzenreiter bei Arbeitsplätzen von Migrantenunternehmen ist der Studie zufolge Nordrhein-Westfalen mit 300.000. Danach folgen Bayern, Baden-Württemberg und Hessen. In Nordrhein-Westfalen sei allerdings die Zahl dieser Jobs innerhalb von zehn Jahren lediglich um 4.000 Stellen gestiegen, hieß es. In Baden-Württemberg nahm die Zahl der neu geschaffenen Jobs zwischen 2005 und 2014 um 145.000 zu, in Hessen um 81.000 und in Bayern um 113.000. Die Studie zeige auch den Stellenwert von Bildung. Je höher qualifiziert die Migranten seien, desto höher sei in der Regel die Selbständigenquote.
 

Die Grünen mahnten eine bessere Förderung für Migrantenunternehmer sowie für Flüchtlinge an. «Unter den nach Deutschland geflüchteten Menschen finden sich Tausende, die nichts lieber täten, als sich hier etwas aufzubauen, die Unternehmen gründen wollen», erklärte die Sprecherin für Arbeitsmarktpolitik, Brigitte Pothmer. Viele dürften monatelang nicht arbeiten, bekämen keinen geeigneten Sprachkurs oder müssten lange auf die Anerkennung ihrer Abschlüsse warten.
 
Die Linke warnte davor, Migranten als Lohndrücker einzusetzen. Die Zahl von 1,3 Millionen Beschäftigten bei Unternehmern mit Migrationshintergrund dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, dass viele von ihnen unter prekären Bedingungen arbeiteten, sagte die Migrationsbeauftragte der Linken-Fraktion, Sevim Dagdelen.
 
Für die Studie im Auftrag der Bertelsmann Stiftung wurden unter anderem Daten des Mikrozensus aus den Jahren 2005 bis 2014 verwendet. Die Erhebung «Migrantenunternehmen in Deutschland zwischen 2005 und 2014 - Ausmaß, ökonomische Bedeutung und Einflussfaktoren auf Ebene der Bundesländer» wurde von der Prognos AG erstellt. (epd)