Tag der offenen Moschee - «Sie glauben eben an Allah»

Jedes Jahr am 3. Oktober öffnen Deutschlands Moscheen ihre Pforten. Sie laden nicht-muslimische Besucher ein, ihre Gemeinden kennenzulernen. In Zeiten wachsender Ressentiments erhält der Tag der offenen Moschee eine besondere Bedeutung. Von Christina Sabrowsky und Stephen Wolf

Neugierig betrachten die Besucher die großen Leuchter der Yavuz-Sulta-Selim-Moschee in Mannheim. Eine Gruppe lässt sich vom Imam erklären, wie Muslime beten und wieso sie dies in Richtung Mekka tun. Andere Gäste sitzen am Tag der offenen Moschee auf dem weichen Teppich, betrachten schweigend Ornamente und steinerne Bögen des Gotteshauses.

«Fast könnte man heute vergessen, dass es momentan einen so großen Streit um den Islam in Deutschland gibt», sagt Magdalena Afifi. «Es gibt Leute, die misstrauen mir und meiner Familie, weil wir Muslime sind», sagt die 60 Jahre alte Mutter von vier Kindern.

Die Pädagogin ist mit einem Ägypter verheiratet. Schon vor ihrer Ehe konvertierte sie vom Katholizismus zum Islam. Ein Kopftuch trägt sie nicht. Als Deutsche islamischen Glaubens sitze sie zwischen allen Stühlen. Vorurteile habe es immer gegeben - jetzt aber träten Feindschaften offen zu Tage, so ihr Eindruck.

Die Geschehnisse der vergangenen Tage sprechen für ihre These. Vorige Woche wurde etwa die Moschee der Türkisch-Islamischen Gemeinde in Schwäbisch Gmünd von Unbekannten mit Hakenkreuzen und Beleidigungen beschmiert. Die Einladung der Pforzheimer Moschee an die Bürger wurde auf Facebook teils beleidigend-aggressiv zurückgewiesen.

Im rund 630 Kilometer entfernten Potsdam in Brandenburg wurde Samstagabend vor dem Gemeindezentrum der muslimischen Al-Farouk-Gemeinde ein abgetrennter Ferkelkopf entdeckt.

Der Tag der offenen Moschee - er steht unter dem Motto «Migration als Herausforderung und Chance» - fällt in eine Zeit, in der das gesellschaftliche Klima rauer wird und auf allen Seiten Angst und große Verunsicherung spürbar ist, sagt Abdassamad El-Yazidi vom Zentralrat der Muslime (ZMD) in Deutschland.

In der einstigen Arbeiterstadt Mannheim, in der etwa 30.000 Muslime - 26 000 davon türkischer Herkunft - leben, herrscht Weltoffenheit, wie Bilal Dönmez vom Vorstand der Moschee sagt. Sicher, das große Gotteshaus stehe unter der Ägide der mittlerweile umstrittenen «Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion» (Ditib). «Aber in unserer Satzung bekennen wir uns zum Grundgesetz und zu den freiheitlichen Werten», betont Dönmez. 

Rund 650 Kilometer Richtung Norden betont Saif Ahmed Arif, Imam der Khadija-Moschee der Berliner Ahmadiyya-Gemeinde: «In einer Zeit, in der Extremisten versuchen, unsere Gesellschaft zu spalten, müssen wir versuchen, Vertrauen zu schaffen.» Der Tag der offenen Moschee sei dafür die ideale Möglichkeit. Besucher seien jedoch an jedem einzelnen Tag des Jahres willkommen, betont der Imam. Es sei die Aufgabe seiner Gemeinde, das Bild des Islam in der Öffentlichkeit zu verbessern. Und die Resonanz der Besucher sei positiv: «In diesem Jahr war das Interesse sogar noch größer als in den letzten Jahren.»

Familie Depta aus Berlin-Pankow gehört zu den Gästen. Mit ihren vier Kindern besucht sie zum ersten Mal die Gemeinde in der Nachbarschaft, um Fragen loszuwerden - aber auch ein Zeichen zu setzen. «Wir finden, dass es in der heutigen, politisch unruhigen Zeit besonders wichtig ist, aufeinander zuzugehen und sich die Hand zu reichen», schildert Christine Depta. Ihre Kinder sollten den Islam auch als einen Teil der deutschen Gesellschaft kennenlernen, erklärt Familienvater Daniel Depta. «Der einzige Unterschied ist eben, dass sie an Allah und nicht an unseren Gott glauben.»

Der Großteil der rund 400 Berliner Gemeindemitglieder stammt aus Pakistan. Dort werden Muslime, die der Ahmadiyya-Glaubensrichtung angehören, politisch verfolgt. Auch die 23-jährige Mahida, die an diesem Tag die Hände der Besucherinnen mit Henna verschönert, ist vor zwei Jahren aus Pakistan geflohen, hat ihre Familie zurückgelassen.

«In Pakistan musste ich wegen meines Glaubens jeden Tag in Angst leben. Hier fühle ich mich sicher», sagt die junge Frau. Deutschland sei für sie inzwischen ein Zuhause geworden. (dpa)