Internationale des Hasses

Es hat lange gedauert, bis der rabiate Islamhass à la Geert Wilders in den USA Fuß gefasst hat. Doch jetzt agieren die Islamgegner dies- und jenseits des Atlantiks gemeinsam. Über die Hintergründe informiert Thomas Kirchner.

Geert Wilders hält eine Rede in New York (2010); Foto: dpa
Der Auftritt von Geert Wilders während der Gedenkfeiern am 11. September 2010 in New York war ein deutliches Zeichen für den geglückten "Zusammenschluss von Anti-Islamisten dies- und jenseits des Atlantiks", schreibt Thomas Kirchner.

​​ Der Tag der Trauer in New York war ein Tag der Freude für Geert Wilders. Der Auftritt des niederländischen Islamkritikers bei den Protesten gegen den Bau eines muslimischen Gemeindezentrums nahe Ground Zero ist Teil eines Plans, an dem er seit längerem arbeitet: eine "internationale Freiheits-Allianz" gegen den Islam auf die Beine zu stellen. Und so symbolisierte seine Präsenz in den USA den geglückten Zusammenschluss von Anti-Islamisten dies- und jenseits des Atlantiks.

Es hat lange gedauert, bis der rabiate Islamhass europäischer Prägung auch in den USA Fuß gefasst hat. Die ständigen Konflikte mit muslimischen Bürgern in der Alten Welt, die hysterischen Warnungen, dass bald überall die Scharia regiere, all das rief im klassischen Einwandererland Amerika über Jahre hinweg nur Schulterzucken hervor. Auf die Anschläge vom 11. September 2001 hatten die Bürger vergleichsweise besonnen gegenüber muslimischen Amerikanern reagiert. Weder gab es in den USA Massenproteste gegen Muslime, noch gingen Moscheen in Flammen auf.

Blogger als Speerpitze des Islamhasses

Nur einige Blogger erklärten dem Dschihad den Krieg, Leute wie Charles Johnson, der mit seinen Tiraden auf "Little Green Footballs" Millionen Fans erreichte. Eine von ihnen hieß Pamela Geller, die besonders viele und besonders hasserfüllte Kommentare schrieb und später ihren eigenen Blog "Atlas Shrugs" aufzog.

René Stadtkewitz; Foto: dpa
Der ehemalige Berliner CDU-Abgeordnete René Stadtkewitz hat in Deutschland eine Partei für Islamhasser gegründet. Er gab ihr den Namen "Die Freiheit".

​​ Sie und der bärtige Intellektuelle Robert Spencer (er bloggt auf "Jihad Watch") leiten die Organisation "Stop Islamization of America" (SIOA) und gelten nun als die Schlüsselfiguren der Anti-Islamisten in den USA. Sie sind Dauergäste in rechtslastigen Fernseh- und Radioshows, haben sich in dem Millionär David Horowitz einen Geldgeber geangelt und den Republikaner Newt Gingrich sowie den neokonservativen früheren UN-Botschafter John Bolton ins Boot geholt.

Dabei radikalisieren sie sich. Sie stecken auch hinter den New Yorker Protesten vom Wochenende. Mit Wilders, dessen Radikalität sie bewundern, sind sie gut befreundet. Seine These, dass der Islam keine Religion sei, sondern eine Verschwörung zur Eroberung der Welt, ist auch ihre.

Internationale Vernetzung

Daneben betreiben Geller und Spencer den Schulterschluss mit Gesinnungsgenossen in Europa. Auf einem ihrer Treffen in Washington trat im Februar Elisabeth Sabaditsch-Wolff auf, die in Österreich wegen Volksverhetzung angeklagt wurde. Auch Anders Gravers trug vor, ein Metzger aus Dänemark, der 2005 die Organisation Stop Islamisation of Europe (SIOE) gründete. Ihr Slogan: "Islamophobie ist die höchste Form des gesunden Menschenverstands." Die amerikanische SIOA ist einer ihrer zahlreichen Ableger.

​​ Laut einem Bericht der niederländischen Zeitung NRC Handelsblad werden Geller und Spencer sogar von Gravers gesteuert. Er selbst habe die beiden im vergangenen Jahr an die SIOA-Spitze gesetzt, brüstet sich der spitzbärtige Däne in dem Blatt, weil die bisherige Leitung zu schlapp gewesen sei.

Auch nach Israel hat die neue Internationale der Islamfeinde enge Beziehungen. Sie globalisiert sich, so wie der Islamismus. Die deutschen Islam-Hasser tummeln sich im Internet, auf "PI-news" und ähnlichen Seiten. Es sind viele, den Klickzahlen nach zu schließen. Der politischen Bühne halten sie sich noch fern, nun hat der Berliner Ex-CDU-Abgeordnete René Stadtkewitz eine Partei für sie gegründet. "Die Freiheit" hat er sie genannt, fast genauso wie die Partei von Wilders.

Thomas Kirchner

© Süddeutsche Zeitung 2010

Redaktion: Nimet Seker/Qantara.de

Qantara.de

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