Mohammed bin Salman: Fast schon saudischer König, jetzt schon Kriegsherr

Mohammed bin Salman ist jung, schon das macht den künftigen König Saudi-Arabiens in seiner Heimat zu einem politischen Popstar. Seine Bilanz aber ist verheerend. Der 31-Jährige setzt gegenüber dem Nachbarn Qatar auf Konfrontation. Dem Iran droht er sogar mit Krieg. Von Benno Schwinghammer

Vor zweieinhalb Jahren war Mohammed bin Salman noch ein Prinz unter Hunderten im Königreich Saudi-Arabien. Er soll gern Wasserski im Roten Meer gefahren und nach Japan gereist sein. Bis sein Vater Salman König wurde. Seit Januar 2015 hat der Greis seinen heute 31-Jährigen Sohn als Nachfolger aufgebaut - und ihn schließlich am Mittwoch zum Kronprinzen gemacht. Heute gilt «MbS», wie die saudischen Medien den politischen Shootingstar nennen, als eigentlicher Hintermann der aggressiven Politik Riads.

Der gut genährte Prinz, ältester Sohn der dritten Frau des Königs, steht im Ruf, impulsiv zu sein. Als neu ernannter Minister für Verteidigung sollte er die aufbegehrenden schiitischen Huthi-Rebellen im Nachbarland Jemen zurückdrängen. Er entschied sich für Luftangriffe. Mehr als zwei Jahre danach sind die Huthis immer noch stark, dafür aber Tausende Zivilisten getötet. Unter der Verantwortung von Mohammed bin Salman gab es Bombardements auf Trauerfeiern, Hochzeiten und Märkte.

Auch bei der gegenwärtigen Isolation des Golfstaates Qatar, der den Saudis schon lange ein Dorn im Auge ist, wird Mohammed bin Salman nach Expertenmeinungen eine entscheidende Rolle gespielt haben. Nicht nur in Qatar selbst, dem Saudi-Arabien Terrorfinanzierung vorwirft, wird der Kronprinz als Drahtzieher der Blockade gesehen. Die Folgen dieses Vorstoßes für das Pulverfass Nahost mit vielfältigen Verflechtungen, Abhängigkeiten und Rivalitäten sind unabsehbar - auf jeden Fall aber gefährlich.

«Seine Politik ist von außerordentlicher Aggressivität und Entschlossenheit geprägt», sagt Guido Steinberg, Saudi-Arabien-Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik. Die Entscheidungen im Jemen seien voreilig, falsch und unerfahren gewesen.

Der Enkel des Staatsgründers, der nie außerhalb des Königreiches studierte, soll sonst einen braven Lebensstil pflegen. Der ehemalige US-Präsident Barack Obama sagte über ihn in einem Interview mit dem arabischen Nachrichtenkanal «Al-Arabiya», er sei «sehr sachkundig, sehr klug. Ich denke, er ist sehr weise für sein Alter».

Der Auftritt auf der internationalen Bühne jedenfalls liegt dem bärtigen Kronprinzen offensichtlich. Beim pompösen Empfang für US-Präsident Donald Trump in Riad gelang Prinz Mohammed - der bei Auslandsbesuchen seinen Vater schon längst vertritt - etwas, dass man mit Geld nicht kaufen kann: Den vollen und unkritischen Rückhalt der USA zu gewinnen - nicht nur im Machtkampf mit dem Erzrivalen Iran.

Ein Freifahrtsschein, den er auch benutzen will. Ein Zitat aus einem Interview vom Mai spricht für sich: «Die Kaaba der Muslime (in Mekka) zu erreichen, ist das Hauptziel des iranischen Regimes. Wir werden nicht warten, bis die Schlacht in Saudi-Arabien ist. Aber wir werden daran arbeiten, dass die Schlacht stattdessen im Iran stattfindet.»

Der Bundesnachrichtendienst schrieb schon 2015 über die Macht des Königssprosses: «Die bisherige vorsichtige diplomatische Haltung der älteren Führungsmitglieder der Königsfamilie wird durch eine impulsive Interventionspolitik ersetzt.»

Probleme könnte Mohammed dabei aus dem Herrscherhaus selbst bekommen. In den vergangenen Jahren machte er sich mit seinem politischen Durchmarsch und seiner Art jedenfalls einige Gegner.  Auch die komplette Entmachtung des bisherigen Kronprinzen und angesehenen Innenministers Mohammed bin Naif könne Steinberg zufolge Spannungen auslösen. Die Änderung der Thronfolge sei «eine kleine Revolution» gegen den Block der «Sudairis» im Königshaus gewesen, zu denen bin Naif gehört.

Bei den «Sudairis» handelt es sich um männliche Nachkommen, die Ibn Saud mit seiner Lieblingsfrau Hissa bin Sudairi zeugte. Heftige Gegenwehr erwartet Steinberg trotz der Entmachtung eines ganzen Teils der Königsfamilie aber nicht. Dafür sei Mohammed bin Salman nun zu gefestigt.

Bislang erklommen in Saudi-Arabien stets Söhne von Staatsgründer Ibn Saud den Thron. Mit dieser Tradition wird Mohammed bin Salmans Krönung endgültig brechen. Die Macht wird auf die Enkelgeneration übergehen, wenn der kranke König stirbt.

Keinen Greis mehr auf dem Thron zu haben, wird die Politik in Saudi-Arabien effektiver machen. Innenpolitisch steht Kronprinz Mohammed denn auch für die Erneuerung. Er leitet den Umbau der Wirtschaft weg von der Abhängigkeit vom Öl und will dabei auch die Gesellschaft des Landes modernisieren.

Die ersten Ansätze einer Öffnung, mehr Frauenrechten und Freiheiten sind bereits sichtbar. Nach außen hin aber steht zu befürchten, dass Saudi-Arabien ein aggressiver Spieler bleiben wird. So wie der Mann, der bald auf seinem Thron sitzt. (dpa)