Myanmars Regierungschefin Suu Kyi besucht erstmals Rohingya-Region

Es hat lange gedauert, bis die Friedensnobelpreisträgerin in die Unruheregion Rakhine im Westen Myanmars aufbrach. Und doch bleibt die Frage, ob Suu Kyi allein das Interesse an der muslimischen Minderheit umtreibt.

Bei ihrem ersten offiziellen Besuch in der Unruheregion Rakhine hat sich Myanmars De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi mit Vertretern der verfolgten muslimischen Rohingya-Minderheit getroffen. Die Friedensnobelpreisträgerin besichtigte zerstörte Dörfer in den Regionen Maungdaw und Buthidaung nahe der Grenze zu Bangladesch, wie auf Bildern des Staatsfernsehens zu sehen war. Zum Inhalt ihrer Gespräche wurde zunächst nichts bekannt. Am Abend reiste sie wieder ab.

Seit 2012 kommt es in Rakhine immer wieder zu Pogromen gegen die Rohingya. Der Konflikt war erneut aufgeflammt, nachdem sich die Rohingya-Rebellenmiliz Arsa im August zu Angriffen auf Polizei- und Armeeposten bekannt hatte. Nach Militäraktionen flohen mehr als 600.000 Rohingya, die meisten kamen aus dem Norden des Bundesstaats. Viele von ihnen leben nun unter unhaltbaren Bedingungen in Flüchtlingslagern im Nachbarland Bangladesch. Jedes vierte Kind dort leide an akuter Unterernährung, teilte die Hilfsorganisation Save the Children mit.

Geflohene Rohingya hatten UN-Ermittlern von Gewalttaten durch die Sicherheitskräfte berichtet, darunter Massentötungen, Vergewaltigungen und Brandschatzungen. Die Vereinten Nationen und Menschenrechtler werfen Myanmar Verbrechen gegen die Menschlichkeit und "ethnische Säuberungen" vor.

International wird Friedensnobelpreisträgerin Suu Kyi immer massiver dafür kritisiert, das Militär gewähren zu lassen und sich nicht stärker für die verfolgten Rohingya einzusetzen. Erst Mitte September brach sie ihr Schweigen und sprach erstmals "Menschenrechtsverletzungen" gegen die Rohingya öffentlich an. Und wiederum erst einen Monat später - Mitte Oktober - kündigte Suu Kyi in einer Fernsehansprache dann an, mit Bangladesch über eine Rückführung von Hunderttausenden Flüchtlingen verhandeln zu wollen.

Armeechef Min Aung Hlaing hatte jedoch bekräftigt, dass die Rohingya sich illegal in Myanmar aufhielten, und deren Massenflucht nach Bangladesch als "Rückkehr in deren angestammte Heimat" heruntergespielt. Obwohl viele Rohingya schon seit Generationen im überwiegend buddhistischen Myanmar leben, wird ihnen die Staatsbürgerschaft verweigert.

Bei ihren Besuch in Rakhine wurde Suu Kyi von dem prominenten Geschäftsmann Zaw Zaw begleitet. Dieser gehört zu einer Gruppe von Unternehmern, die als Profiteure der früheren Militärjunta gelten und nun eine wichtige Rolle beim Wiederaufbau von Rakhine einnehmen sollen. Kritiker fürchten, dass sich diese Geschäftsleute profitable Verträge zu Lasten der Rohingya-Minderheit sichern wollen.

Die Flucht von Rohingya aus Myanmar ging derweil ohne Unterlass weiter. Auch am Tag von Suu Kyis Besuch trafen rund 3.000 an der Grenze zu Bangladesch ein. Sie berichteten von schwierigen Lebensumständen in ihren Dörfern in Myanmar. Zwar hätten die Angriffe der Armee aufgehört, sagte der 33-jährige Rohingya-Flüchtling Mohammad Zafar. "Sie macht uns das Leben aber sehr schwer", klagte er. "Wir wurden nicht für die Arbeit bezahlt und konnten nicht auf die Märkte gehen. Wie lange kann man so leben?" (AFP/dpa/epd)

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