USA blockieren unabhängige Untersuchung zu Gewalt in Gaza

Nach der Gewalt an der Gaza-Grenze mit Dutzenden getöteten Palästinensern lehnen die USA eine unabhängige Untersuchung der Konfrontationen ab. Unter den Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats kursierte am Montag der Entwurf für eine gemeinsame Stellungnahme zu der Gewalt, in der auch eine solche Untersuchung gefordert wurde. Diesen Entwurf blockierten die USA jedoch, wie ein Diplomat bestätigte. Der Rat wollte am Dienstag über die Lage beraten und sich dabei auch vom Nahost-Beauftragten Nikolaj Mladenow informieren lassen.

Im Gazastreifen und dem Westjordanland begannen unterdessen drei Tage der Trauer. Für Dienstag hat Palästinenserpräsident Mahmud Abbas einen Generalstreik ausgerufen, zudem gedenken die Palästinenser am Nakba-Tag traditionell der Vertreibung und Flucht Hunderttausender im Zuge der israelischen Staatsgründung 1948.

In den vergangenen Wochen hatten Zehntausende an der Gaza-Grenze beim «Marsch der Rückkehr» für ein Ende der Gaza-Blockade und Recht auf Rückkehr in das heutige israelische Staatsgebiet protestiert. Diese Massenproteste sollen am Dienstag ihren Abschluss finden. Zusätzlich befeuert durch die international umstrittene Eröffnung der US-Botschaft in Jerusalem gab es am Montag massive Zusammenstöße zwischen Palästinensern und der israelischen Armee.

Während der teils gewaltsamen Proteste zehntausender Menschen am Grenzzaun im Gazastreifen wurden mindestens 58 Palästinenser von israelischen Soldaten erschossen - so viele wie bei den sechswöchigen Protesten zuvor. Mehr als 2.770 Menschen wurden nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums in Gaza verletzt, jeder zweite davon durch Schüsse. Es war der Tag mit den meisten Todesopfern seit dem Gaza-Krieg 2014.

US-Präsident Donald Trump hatte Jerusalem im Dezember im Alleingang als Hauptstadt Israels anerkannt. Während dies bei den Palästinensern Zorn und schwere Unruhen auslöste, sorgte der Schritt in Israel für Genugtuung. Regierungschef Benjamin Netanjahu feierte die Eröffnung der US-Botschaft in Jerusalem - just am 70. Jahrestag der Staatsgründung Israel - als politischen Triumph. Israel habe «keine besseren Freunde auf der Welt» als die USA, sagte er.

Israel beansprucht ganz Jerusalem als seine Hauptstadt, die Palästinenser sehen in dem 1967 von Israel eroberten Ostteil die Hauptstadt eines künftigen eigenen Staates. Die internationale Gemeinschaft pocht darauf, dass der künftige Grenzverlauf in Verhandlungen beider Seiten geklärt wird. Dies hat auch Trump gesagt.

Anlässlich der Feierlichkeiten am Montag in Jerusalem erklärte der US-Präsident in einer Videobotschaft: «In Freundschaft reichen wir Israel, den Palästinensern und allen Nachbarn die Hand.» Sein anwesender Schwiegersohn und Berater Jared Kushner betonte, die US-Regierung werde sich weiter um ein Friedensabkommen zwischen Israelis und Palästinensern bemühen.

Doch die Fronten haben sich durch die Botschaftsverlegung und die blutigen Ereignisse vom Montag nochmals verhärtet. Der palästinensische Gesundheitsminister Dschawad Awad warf Israel ein «Massaker an unbewaffneten Demonstranten» vor. Die israelische Armee rechtfertigte ihr Vorgehen mit Hinweis auf «beispiellose Gewalt» der Palästinenser, die Soldaten mit Brandbomben und Sprengsätzen beworfen hätten.

Das Weiße Haus sieht die Verantwortung für die Gewalteskalation voll und ganz bei der seit 2007 im Gazastreifen herrschenden radikal-islamischen Hamas. Deshalb sei es auch nicht nötig, Israel zur Zurückhaltung aufzurufen, sagte Trumps Sprecher Raj Shah.

Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan bezeichnete das Blutvergießen im Gazastreifen als Völkermord. «Egal von welcher Seite er kommt, von Amerika oder von Israel, ich verfluche dieses humanitäre Drama, diesen Genozid», sagte Erdogan nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu am Montagabend. Aus Protest zog die Türkei ihre Botschafter aus Washington und Tel Aviv ab und ordnete drei Tage Trauer für die getöteten Palästinenser an.

Auch zahlreiche andere, vor allem arabische Staaten kritisierten das Vorgehen gegen die Palästinenser scharf. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron verurteilte am Montag «die Gewalt der israelischen Streitkräfte gegen die Demonstranten» und beklagte «die große Zahl ziviler palästinensischer Opfer in Gaza heute und in den vergangenen Wochen». Die EU rief alle Seiten zur Zurückhaltung auf, die UN forderten eine politische Lösung des Konfliktes. (dpa)