Allianz gegen Muslimfeindlichkeit gegründet

Muslime in Deutschland beklagen, sie seien immer mehr Hass und Hetze ausgesetzt. Eine neue Allianz aus 35 Organisationen will dagegenhalten.

Eine neue Allianz kämpft gegen die Diskriminierung von Muslimen im Alltag. Der Zusammenschluss aus bundesweit 35 Organisationen wolle unter dem Namen Claim auf die menschenverachtenden Wirkungen des Islamdiskurses in Deutschland aufmerksam machen, sagte Projektkoordinatorin Nina Mühe am Dienstag in Berlin. Hass, Ablehnung und Hetze gegen Muslime schafften ein Klima der Verrohung und Entmenschlichung. Dies gefährde das Zusammenleben und schließlich auch die Demokratie, warnte Mühe.

Der neuen Allianz gehören unter anderem die Arbeiterwohlfahrt und das Antidiskriminierungsnetzwerk des Türkischen Bundes Berlin-Brandenburg an. Sie will am Sonntag bundesweit mit Aktionen auf die Diskriminierung von Muslimen aufmerksam machen. Unterstützt wird das Netzwerk mit Mitteln aus dem Bundesprogramm «Demokratie leben» des Bundesfamilienministeriums.

Antimuslimische Ressentiments seien salonfähig geworden und vergifteten das gesellschaftliche Klima, sagte der Leiter des Referats «Demokratie und Vielfalt» im Bundesfamilienministerium, Thomas Heppner. Diese Entwicklungen müssten öffentlich sichtbarer gemacht werden. Im vergangenen Jahr hätten die Behörden knapp 1.100 Übergriffe gegen Muslime registriert.

Die negative Haltung gegenüber Musliminnen und Muslimen in Teilen der Gesellschaft nehme besorgniserregende Ausmaße an, sagte Zeynep Cetin vom Berliner Netzwerk gegen Diskriminierung und Islamfeindlichkeit (Inssan e.V.). «Benachteiligungen, Anfeindungen, Beleidigungen, Herabsetzungen und Ausgrenzungen bis hin zu tätlichen Übergriffen gehören zum Alltag vieler Muslime», sagte Cetin. Allein in Berlin registrierte Inssan in den Jahren 2016 und 2017 insgesamt 225 entsprechende Übergriffe oder Diskriminierungen. In vielen Fällen seien die Betroffenen Frauen, sagte Cetin, die von einer sehr viel höheren Dunkelziffer ausgeht.

Die Diskriminierung und Herabsetzung von Muslimen sei «erschreckend» selbstverständlich geworden, beklagte Eva Andrades vom Antidiskriminierungsnetzwerk des Türkischen Bundes Berlin-Brandenburg. «Viele Menschen sehen sich im Recht, wenn sie Muslime diskriminieren.» Das sei vor allem der Fall, wenn es um das Kopftuch gehe. Das sei die Folge von hetzerischen Debatten, die Muslime entmenschlichten und kriminalisierten. «Wo bleibt die Empörung darüber», fragte Andrades.

Für den Herausgeber des European Islamophobia Reports von der Universität Salzburg, Farid Hafez, ist die Islamfeindlichkeit zur «gesellschaftsfähigsten Form des Rassismus» geworden. Nur zwölf Prozent der Taten würden überhaupt bekannt, die Dunkelziffer sei sehr hoch, sagte der österreichische Politikwissenschaftler. Auch Hafez warnte vor den Auswirkungen von Muslimfeindlichkeit auf alle Bereiche der Gesellschaft. Islamfeindlichkeit und Antisemitismus gingen immer schon Hand in Hand. (epd)